Nio macht mit hohen Verlusten von sich reden
nh Schanghai
Der als wichtigster Rivale zu Tesla apostrophierte chinesische Elektroautobauer Nio Inc. zeigt sich nach rauschhaften Kursanstiegen an der New Yorker Börse in wenig berauschender Ertragsform. Im Schlussquartal 2020 wird ein Verlust nach Steuern in Höhe von 1,39 Mrd. Yuan (rd. 180 Mill. Euro) ausgewiesen. Der Fehlbetrag liegt damit mehr als doppelt so hoch, wie von der Konsensschätzung der Sektoranalysten vorweggenommen wurde. Im Vergleichsquartal des Vorjahres waren allerdings noch wesentlich höhere Anlaufverluste über 2,86 Mrd. Yuan geschrieben worden. An der New Yorker Börse wurde die Ergebnispublikation mit deutlichen Kursabschlägen von 7% quittiert. Im vergangenen Jahr hatte sich der Nio-Kurs im Zuge des Börsenhype für Elektroautobauer mehr als verzehnfacht.
Erlösseitig ist der Konzern zuletzt wesentlich besser in Fahrt gekommen. So kletterten die Umsätze im zurückliegenden Dreimonatsabschnitt um 113% auf 6,64 Mrd. Yuan, was auf Höhe der Analystenerwartungen liegt. Der CEO und Gründer des vor einem Jahr mit einer Kapitalspritze seitens staatlicher Investmentgesellschaften vor einer drohenden Insolvenz geretteten Unternehmens, William Li, spricht von rasanten Marktfortschritten, nachdem Nio im vierten Quartal auf einen rekordhohen Absatz von 17353 Fahrzeugen kam. Das starke Momentum habe sich auch in 2021 fortgesetzt. Zuletzt im Januar konnte Nio 7225 batteriegetriebene Premiumfahrzeuge absetzen.
In der Pkw-Branche setzt man große Hoffnung auf die Zugkraft des chinesischen Marktes, nachdem China aus einer coronabedingten Konjunkturdelle rasch wieder herausfinden konnte. Experten der Researchfirma Canalys rechnen damit, dass der chinesische E-Automarkt in diesem Jahr einen regelrechten Durchbruch erleben wird und auf ein Wachstum jenseits von 50% kommen dürfte. Dabei gilt insbesondere das von Tesla, Nio und einer Reihe von weiteren chinesischen Start-up-Firmen wie Xpeng, Li Auto und WM Motor belegte Segment gehobener Batteriefahrzeuge mit geballtem Technologieeinsatz als besonders heiß umkämpft.
Li zufolge will sich Nio, die bislang vor allem mit den beiden elektrischen SUV-Modellen ES6 und ES8 im heimischen Markt erfolgreich ist, weiterhin in einer gehobenen Preisklasse behaupten. Demgegenüber setzt Tesla mit einer Lokalisierung der Produktion in China darauf, zunehmend preisgünstigere Modelle, wie den Tesla Model 3, zu etablieren und breitere Kundenschichten in China anzusprechen. Zuletzt hat Tesla auch deutliche Preisreduzierungen für das nunmehr ebenfalls in China produzierte SUV Model Y eingeführt und stößt damit auf äußerst positive Resonanz. Dies bekommt auch Nio direkt zu spüren.
Im Februar konnten angesichts des neuen Konkurrenten nur noch 5578 Nio-Fahrzeuge und damit 23% weniger als im Januar abgesetzt werden. Li betont allerdings, dass er nicht bereit ist, sich auf einen Preiskampf mit Tesla einzulassen. Man orientiere sich nicht an kurzfristigen Markterfolgen, sondern sei auf langfristiges Wachstum programmiert. Kürzlich hat Nio ihre Produktpalette um eine vollelektrische Limousine mit der Modellbezeichnung ET17 erweitert.