Nissan steht vor radikaler Schrumpfkur

Höchster Nettoverlust seit 20 Jahren - "Ausreichende Liquidität"

Nissan steht vor radikaler Schrumpfkur

mf Tokio – Japans zweitgrößter Autobauer Nissan verschärft den seit einem Jahr laufenden “Transformationsplan” drastisch. Bis zum Frühjahr 2024 soll die Fertigungskapazität um 20 % auf 5,4 Millionen Einheiten schrumpfen, damit die Auslastung der Werke über die rentable Quote von 80 % steigt. Gleichzeitig will Nissan die Zahl der Modelle von 69 ebenfalls um 20 % auf unter 55 drücken. Bescheidene ZieleBereits im neuen Geschäftsjahr (ab 1.4.) sollen die Festkosten um 300 Mrd. Yen (2,5 Mrd. Euro) gegenüber 2018 fallen. Verglichen mit der Ära von Dauerkonzernchef Carlos Ghosn wirken die Ziele für das Geschäftsjahr 2023 eher bescheiden: eine operative Marge von 5 % sowie ein nachhaltiger Anteil von 6 % am Weltmarkt. Ghosn hatte jeweils 8 % angestrebt.Entsprechend der am Mittwoch verkündeten Vereinbarung mit der Konzernmutter Renault konzentriert sich Nissan fortan auf Japan, China und Nordamerika. Die konkrete Folge: Ein Werk in Barcelona mit 2 800 Jobs soll schließen, darüber wird jedoch noch verhandelt. Nissan verlässt Südkorea, die Billigmarke Datsun zieht sich aus Russland zurück. Eine Fertigungsstätte in Indonesien steht vor dem Aus. Denn Südostasien überlässt man künftig dem Partner Mitsubishi. Aber der Autobauer will auch eine neue Zukunftsbasis schaffen. Es gehe nicht nur um Restrukturierung, betonte Konzernchef Makoto Uchida. Daher frischt der einstige Elektro-Pionier in den nächsten anderthalb Jahren das Portfolio mit 12 neuen Modellen auf, darunter acht reine Elektroautos. Die Hoffnungen ruhen auf China. Dort zogen die Verkäufe im April um 1,1 % auf knapp 123 000 Autos an.Der Handlungsdruck auf die neue Führung in Yokohama ist extrem hoch. Nicht nur ist Nissan zum ersten Mal seit elf Jahren in die roten Zahlen gerutscht. Der Nettoverlust von 671,2 Mrd. Yen (5,6 Mrd. Euro) ist auch fast genauso hoch wie 1999, als Ghosn als Sanierer das Ruder übernahm. Zugleich geht das Minus weit über die Gewinnwarnung von Mitte Februar hinaus, weil mit 603 Mrd. Yen offenbar ein Großteil der Restrukturierungskosten ins vergangene Jahr gebucht wurde. Anders als damals könne Nissan jedoch alle Zahlungsverpflichtungen erfüllen, betonte Nissan-Chef Uchida. Man verfüge über 1,5 Bill. Yen (12,6 Mrd. Euro) flüssige Mittel und eine Kreditlinie von 1,3 Bill. Yen. Keine PrognoseAllerdings braucht der Fahrzeughersteller wohl auch einen langen Atem: Laut Marktforscher Factset erwarten Analysten auch im neuen Geschäftsjahr einen Verlust von 180 Mrd. Yen (1,5 Mrd. Euro). Nissan selbst verzichtete auf eine Prognose.