Nivea und Derma-Marken treiben Beiersdorf
Nivea und Derma treiben Beiersdorf
Konsumgüterhersteller hebt Umsatzziel für 2023 erneut an – Luxusmarke La Prairie und Tesa bremsen
Beiersdorf hat dank des kräftigen Wachstums seiner Kernmarke Nivea sowie der Derma-Marken die Umsatzprognose erneut hochgestuft. Schwächen bei der Luxusmarke La Prairie und im kleineren Segment Tesa sorgen zwar für Fragezeichen. Doch an der Börse ist auch 2023 für die Hamburger bislang ein gutes Jahr.
ste Hamburg
Zum dritten Mal im laufenden Turnus hat Beiersdorf die Umsatzziele für das Hauptsegment Consumer und für den Gesamtkonzern in diesem Jahr angehoben. Nachrichten zu den Geschäften der Luxusmarke La Prairie sowie zum kleineren Unternehmenssegment Tesa verunsicherten Anleger jedoch nach Bekanntwerden der Neunmonatszahlen am Mittwoch. Die Aktie des Konsumgüterherstellers, 2022 Spitzenreiter im Dax und im bisherigen Jahresverlauf mit über 15% im Plus, lag nach Handelsbeginn mit 118,00 Euro zunächst um bis zu 3,4% unter dem Vortagesschlusskurs, ehe sie in die Gewinnzone drehte. In einer Telefonkonferenz äußerte sich das Management zuversichtlich über die Wachstumsaussichten. Dabei trug im Consumer-Segment, das in den ersten neun Monaten dieses Geschäftsjahres mit knapp 6 Mrd. Euro für fast 83% des Konzernumsatzes stand, ein organischer Umsatzrückgang bei der Luxusmarke La Prairie um 27,6% im dritten Quartal dazu bei, dass Markterwartungen verfehlt wurden. Die Consumer-Erlöse legten von Juli bis September organisch um 10,9% zu – die Visible-Alpha-Konsensschätzung war von 11,2% ausgegangen. Für die ersten neun Monate steht bei La Prairie ein Umsatzrückgang um 15,8% zu Buche.
Gegenwind in China
Beiersdorf führt den Rückgang vor allem auf einen anhaltend negativen Einfluss des „Daigou“-Geschäfts auf den chinesischen und koreanischen Reiseeinzelhandelsmarkt und die Entscheidung zurück, Lagerbestände bei Einzelhändlern stark zu reduzieren. Diese Bereinigung ermögliche es, das Jahr 2024 von einer gesunden Basis aus zu beginnen und vor allem in der zweiten Jahreshälfte weiteres Wachstum zu erzielen, so Vorstandschef Vincent Warnery. Bei „Daigou“-Geschäften handelt es sich um Auftragseinkäufe im Ausland, bei denen die Ware steuerlich begünstigt und verglichen mit dem Inlandseinkauf preiswerter ist.
Zum „ermutigenden“ Ausblick für 2024 trage auch die Wachstumsbeschleunigung in anderen Reiseeinzelhandelsmärkten wie Japan, Hongkong und Europa sowie das lokale Marktwachstum in den restlichen Teilen Asiens besonders im dritten Quartal bei. Warnery fügte hinzu, dass man das Geschäft auch dank einer stärkeren Pipeline an Innovationen, neuer Aktivitäten über die Social-Media-Plattform Tiktok sowie durch Ausweitung des Verkaufsstellennetzes in China von 39 auf 45 Läden vorantreiben könne.
Vor allem dank zweistelliger Steigerungsraten der Flaggschiffmarke Nivea ( 17,5%) sowie der Derma-Marken Eucerin und Aquaphor ( 24,8%) kommt das Consumer-Segment nach den ersten neun Monaten aber auf ein Wachstum von 13,6%, so dass Beiersdorf inzwischen von einer niedrigen zweistelligen organischen Wachstumsrate im Gesamtjahr 2023 ausgeht – im Consumer-Segment wie auf Konzernebene. Zuletzt war Anfang August eine Steigerung im jeweils hohen einstelligen bis niedrigen zweistelligen Unfang avisiert worden.
Tesa wächst um 1,3 Prozent
Verhaltener äußerte sich Beiersdorf zu Tesa. Für das kleinere Konzernsegment, das nach den ersten neun Monaten ein organisches Umsatzwachstum um 1,3 (nominal: −2,2)% ausweist, schwächte das Unternehmen die Wachstumsprognose für 2023 ab. Wegen der anhaltenden Unsicherheit über das Ausmaß der Belebung des Electronics-Geschäfts sei 2023 mit einer organischen Umsatzsteigerung im niedrigen bis mittleren anstatt im mittleren einstelligen Prozentbereich zu rechnen.
Bekenntnis zum Heimatmarkt
Die stärksten Wachstumsimpulse erhält Beiersdorf seit geraumer Zeit aus den Schwellenmärkten. Nivea sei seit 2019 die am kräftigsten wachsende Marke in diesen Märkten und seit 2021 als Hautpflegemarke führend. Die am schnellsten wachsende Region weltweit ist für Beiersdorf Lateinamerika. Aber auch in Europa legte Nivea im dritten Quartal den Angaben zufolge um 16,8% zu – das bislang absatzstärkste Quartal der Kernmarke. In Frankreich und Deutschland wuchs das Geschäft allein um jeweils 24%.
Vorstandschef Warnery unterstrich das Bekenntnis von Beiersdorf zum Heimatmarkt mit dem Hinweis auf Investitionen von mehr als 500 Mill. Euro in die im dritten Quartal eröffnete neue Konzernzentrale in Hamburg sowie in das ebenfalls im September gestartete neue Produktionswerk Leipzig, in dem pro Jahr bis zu 450 Millionen Kosmetikprodukte für den europäischen Markt und für den Export vom Band laufen sollen.
Dividendenfrage offen
Die bisherigen Prognosen für die um Sondereffekte bereinigte operative Marge (Ebit-Umsatzrendite) ließ Beiersdorf auf Konzern- und Segmentebene unverändert. Der Konsumgüterhersteller, der sein vor zwei Jahren angekündigtes Ziel, bis 2025 einen Frauenanteil von 50% auf allen
Managementebenen anzustreben, zum
1. September dieses Jahres erreicht hat, wolle sein derzeit starkes Momentum nutzen und investieren, unterstrich Finanzchefin Astrid Hermann. Ob die seit 2009 auf dem Niveau von 70 Cent je Aktie verharrende Dividende für 2023 angehoben wird, ließ Vorstandschef Warnery in der Telefonkonferenz weiter offen. Neben M&A-Themen arbeite man vor allem an Möglichkeiten einer besseren Kapitalallokation, sagte er lediglich.
Analysten bestätigen Einstufungen
Analysten hielten am Mittwoch an ihren bisherigen Anlageempfehlungen bei Beiersdorf fest. Das Unternehmen sei für mittel- bis langfristiges Wachstum sowie für höhere Margen sehr gut positioniert, wenngleich die jüngsten Hochstufungen der Prognosen und Empfehlungen die Latte höher gelegt hätten, so ein Deutsche-Bank-Research-Analyst, der bei einem Kursziel von 110 Euro zum Halten der Aktie rät. Unklar sei, ob das Ziel einer um 50 Basispunkte höheren bereinigten Ebit-Umsatzrendite im Consumer-Segment noch konservativ sei, da es die Schwäche bei La Prairie schwieriger erscheinen lasse, die Prognose zu übertreffen. Für den Analyst steht das operative Gewinnmodell für La Prairie zunehmend in Frage.
Die LBBW, die bei einem leicht auf 122 Euro reduzierten Kursziel ebenfalls zum Halten der Aktie rät, verwies darauf, dass das derzeit herausfordernde wirtschaftliche Umfeld die Wachstumsdynamik drücke. Das US-Analysehaus Bernstein Research, das Beiersdorf mit "Outperform" einstuft und ein Kursziel von 130 Euro angibt, erklärte, das organische Umsatzwachstum habe vor allem wegen der schwachen Luxusmarke La Prairie die Konsensschätzung verfehlt. Bei anderen Marken habe sich das Wachstum zwar abgeschwächt, aber immer noch positiv überrascht. Die Anhebung der Umsatzprognose sei indes bereits vom Markt erwartet worden.