Noch kein Schlussstrich für Wintershall Dea in Russland
Noch kein Schlussstrich für Wintershall Dea in Russland
Energiekonzern findet bislang keinen Käufer für sibirische Assets – Ergebnis im zweiten Quartal rückläufig
swa Frankfurt
Das russische Geschäft der Wintershall Dea ist längst abgeschrieben, die geplante rechtliche Trennung von den Anteilen an sibirischen Öl- und Gasfeldern lässt weiter auf sich warten. Mit dem Abzug nicht russischer Mitarbeiter kommt das Unternehmen voran, sagt CEO Mario Mehren anlässlich der Präsentation der Halbjahreszahlen. Wintershall sei dabei, ihr Büro in St. Petersburg zu schließen. Einige Mitarbeitende weilten aber noch in Russland, “der Umzug braucht Zeit”, ergänzt Mehren.
Viele Hürden
Bei der beabsichtigten rechtlichen Separierung russischer Assets ist das Unternehmen nach Darstellung von Mehren mit “täglich neuen Hürden” auf politischer Seite konfrontiert. Es sei für ihn unmöglich vorherzusagen, wann dieser Prozess abgeschlossen werden könne. Für einen Börsengang, den Wintershall nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine auf Eis legte, ist die Abtrennung der dort gehaltenen Anteile Voraussetzung. Als einzige Option des Rückzugs erachtet der Vorstandschef einen Verkauf der Anteile an den russischen Feldern, man könne sie schließlich nicht einfach “zurückgeben”. Dabei gebe es Gespräche mit dem langjährigen Partner Gazprom, dem die Anteile angetragen werden. An die Regierung richte das Unternehmen sich schriftlich mit Vorschlägen, es gebe aber keinen Kontakt mit dem Kreml. Der Wintershall-Mitgesellschafter Michail Fridman komme als Erwerber der Assets nicht in Frage, weil er als Person sanktioniert sei. Somit sei man mit dem Oligarchen nicht im Austausch. Hauptaktionär ist BASF.
Mehren bekräftigte frühere Äußerungen, wonach Wintershall Dea alle rechtlichen Schritte prüft, um Entschädigungen für den Vermögensverlust in Russland zu erwirken. Das Unternehmen hatte auch staatliche Investitionsgarantien erhalten, es gebe aber noch keine Entscheidung über Ansprüche aus dieser Absicherung.
Nach dem Rückzug aus Russland forciert Wintershall Dea das Wachstum in anderen Regionen, speziell Norwegen und Nordafrika sowie Mexiko. In Norwegen hätten jüngst zwei Felder die Produktion aufgenommen. Fortschritte gebe es auch in anderen Ländern. Das Unternehmen sei auch bemüht, “mehr Energie in Deutschland für Deutschland zu produzieren”, unterstreicht Mehren.
Cashflow negativ
In den Zahlen des zweiten Quartals spiegelt sich der markante Rückgang der Rohstoffpreise. So schrumpfte der maßgebliche durchschnittliche Gaspreis im zweiten Quartal im Vergleich zur Vorjahreszeit von 29,84 auf 11,20 Dollar, bei Öl ging es von 113,80 Dollar auf 78,40 zurück. Dabei blieb die Quartalsproduktion von Wintershall Dea mit 322.000 Barrel Öleinheiten (boe) pro Tag stabil.
Angesichts der schwächeren Rohstoffpreise ist das operative Ergebnis (Ebitdax) im Quartal um 24% auf 975 Mill. Euro rückläufig. Dabei ist der Vorjahresbeitrag aus dem russischen Geschäft in Höhe von 547 Mill. Euro herausgerechnet; unbereinigt hat sich das Ergebnis fast halbiert.
Schwachpunkt ist der Mittelzufluss. Der operative Cashflow schrumpfte im Quartal von 1,26 Mrd. auf minus 246 Mill. Euro. Der Free Cashflow ist mit minus 522 Mill. negativ, im Halbjahr mit minus 358 Mill. Euro. Darin schlägt sich eine Steuerzahlung von 1 Mrd. Euro in Norwegen auf Erträge aus dem Turnus 2022 nieder, als dort gut verdient wurde. Im ersten Semester habe diese fiskalische Belastung in Summe 1,6 Mrd. Euro betragen, erklärt Mehren. In der zweiten Jahreshälfte werde Wintershall Dea noch etwa die Hälfte dieses Betrages an den norwegischen Fiskus zahlen, so dass sich dieser Effekt abmildere. Der Konzern verfügte Ende Juni aber über eine Liquidität von 2,3 Mrd. Euro.