Nord Stream 2 gerät ins Wanken

Gegenwind aus der Politik nimmt zu - Uniper hat schon 500 Mill. Euro zur Finanzierung der Pipeline beigetragen

Nord Stream 2 gerät ins Wanken

cru Düsseldorf – Uniper will an der Finanzierungsbeteiligung an der zweiten Gasröhre durch die Ostsee namens Nord Stream 2 trotz des wegen der Russland-Ukraine-Krise zunehmenden Gegenwinds festhalten. “Klar ist: Wir halten weiterhin an unseren vertraglichen Verpflichtungen gegenüber Nord Stream 2 fest, von dessen energiepolitischer Sinnhaftigkeit für Deutschland und Europa wir vor dem Hintergrund der rückläufigen Erdgasproduktion in Europa überzeugt sind”, sagte ein Sprecher des Kraftwerksbetreibers auf Anfrage. “Das Projekt sollte daher auch nicht in erster Linie unter politischen Gesichtspunkten bewertet werden.”Zudem könnte Uniper von etwaigen Sanktionen nur bedingt betroffen sein, weil der Finanzierungsanteil von 950 Mill. Euro, den Uniper für die vom russischen Staatskonzern Gazprom gebaute Pipeline trägt, mit rund 500 Mill. Euro in Form einer “gut verzinsten” Anleihe schon zu mehr als der Hälfte geflossen ist. Mögliche Sanktionen könnten also nur den übrigen Teil der Finanzierung von Uniper betreffen. Der Düsseldorfer Konzern ist Russlands größter Gaskunde in Deutschland.Die österreichische EU-Ratspräsidentschaft hatte jüngst neue Sanktionen gegen Russland ins Gespräch gebracht. Estland und Polen würden dies unterstützen. Auch die USA haben Europa zu schärferen Sanktionen aufgerufen und fordern, die Unterstützung für Nord Stream 2 zu überdenken. EU-Sanktionen müssen einstimmig beschlossen werden. Russlandkrise verschärftDas Vorgehen der russischen Marine gegen ukrainische Schiffe im Asowschen Meer am 25. November hat die Debatte in Deutschland verändert und zu Absetzbewegungen der Außenpolitiker von Union und Grünen sowie der drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz geführt. “Ohne wieder wachsendes Vertrauen in die russische Politik wird Nord Stream 2 ökonomisch und politisch zur Fehlinvestition”, sagte etwa der außenpolitische Sprecher der Union, Jürgen Hardt, der Nachrichtenagentur Reuters. “Wenn ich Anteilseigner an Nord Stream 2 wäre, würde ich jetzt besser aussteigen.”Das 10 Mrd. Euro teure zweite Gasrohr durch die Ostsee wird vom russischen Staatskonzern Gazprom gebaut. Die Finanzierung tragen indes zur Hälfte fünf westliche Energiekonzerne: Engie aus Frankreich, OMV aus Österreich, Shell aus Großbritannien sowie die beiden deutschen Gasimporteure Uniper und Wintershall, die jeweils knapp 1 Mrd. Euro beisteuern. Von den 170 Mrd. Kubikmetern Gas, die Russland 2017 nach Europa geliefert hat, kamen 90 Mrd. über die Ukraine sowie 50 Mrd. durch die Ostsee und 30 Mrd. über Polen. Nord Stream 2 brächte weitere 50 Mrd. Damit stiege der Russland-Anteil an Europas Gasverbrauch von rund 40 % auf etwa 50 %. 300 Kilometer der insgesamt 1 220 Kilometer sind bereits gebaut.Nur auf den ersten Blick sind laut Deutsche-Bank-Analyst Josef Auer die Hauptprofiteure von Nord Stream 2 der Eigentümer Gazprom sowie die fünf westlichen Finanziers Engie, OMV, Shell, Uniper und Wintershall. Jenseits politischer Erwägungen seien die Ostsee-Pipelines die russische Antwort auf Konflikte mit den bisherigen Transitländern, insbesondere der Ukraine, die aus den unterschiedlichen Vorstellungen über die Höhe der Transitgebühren resultierten. Aufgrund der europäischen Gasmarktliberalisierung ohne die früher übliche Ölpreisindexierung sowie der – dank verflüssigtem Erdgas (LNG) – mittlerweile weltweit zusammengewachsenen Regionalmärkte könne Russland nur noch Marktpreise realisieren. Sollten in der neuen globalen Gaswelt die Preise, die vom Wettbewerb um die Endkunden abhängen, irgendwann sehr niedrig liegen, wären die NordStream-2-Investoren die Hauptbetroffenen. “Sie tragen damit mehr Risiko als in den alten Gaszeiten”, schreibt Deutsche-Bank-Analyst Auer.Fakt ist, dass die europäische Erdgasproduktion deutlich zurückgeht. Gleichzeitig rechnet Uniper mit einer leicht steigenden Nachfrage, so dass der Kraftwerksbetreiber mehr Importgas benötigen wird. “Es ist deshalb schlicht notwendig, dass wir unsere Gasinfrastruktur ausbauen und diversifizieren, um Versorgungssicherheit auch für die Zukunft zu gewährleisten”, sagte Vorstandschef Klaus Schäfer vor einiger Zeit. Uniper engagiere sich auch beim Import von verflüssigtem Erdgas (LNG) per Tanker, beispielsweise aus den USA, oder auch bei Pipeline-Lieferungen aus dem sogenannten “Südlichen Korridor” – einem 45 Mrd. Dollar teuren Projekt, das Erdgas aus Aserbaidschan nach Europa bringen soll. US-Sanktionen drohenIn Artikel 232 des noch nicht in Kraft getretenen US-Sanktionsgesetzes gegen Russland aus dem Jahr 2017 wird dem US-Präsidenten das Recht bescheinigt, “in Koordination mit den Verbündeten der Vereinigten Staaten” Strafmaßnahmen gegen Personen zu ergreifen, wenn diese sich in als kritisch definierten Geschäften mit Russland engagieren.Genannt wird der Bau von Energieexport-Pipelines. Die Rede ist von einem Schwellenwert von 1 Mill. Dollar, ab dem solche Aktivitäten als kritisch gelten. In Artikel 257 wird der russischen Regierung vorgeworfen, die Energieressourcen des Landes als Waffe einzusetzen, um anderen Ländern ihren Willen aufzuzwingen. Politik der USA sei es, der Ukraine zu helfen, ihre Abhängigkeit zu verringern. Die USA halten am Widerstand gegen Nord Stream fest.