Novartis schockt die Schweiz

Konzern streicht mehr als 2 500 Stellen - Vorwiegend in Basel und Umgebung

Novartis schockt die Schweiz

dz Zürich – Der Basler Pharmakonzern Novartis will in den nächsten zwei bis vier Jahren mehr als 2 500 Stellen streichen. Gestern informierte der Konzern Angestellten an den betroffenen Standorten in der Schweiz und in Großbritannien. 1 800 Stellen werden dort in der Produktion gestrichen und die Herstellung von Pillen auf andere Standorte verlagert. Hyderabad und Kuala LumpurZudem verschiebt Novartis auch beträchtliche Managementkapazitäten vom Basler Konzernservicezentrum in die fünf neuen lokalen Servicezentren in Dublin, Hyderabad, Mexiko City, Kuala Lumpur und Prag. 700 Arbeitsplätze sollen so bis 2022 vom Hauptsitz abgezogen werden. Novartis will durch eine Standardisierung von Prozessen in der Produktion und in anderen zentralen Dienstleistungen Kosten einsparen.Vor drei Wochen hatte Verwaltungsratspräsident Jörg Reinhardt in einem Interview gesagt, in den vergangenen Jahren hätten sich in den weltweit 68 Produktionswerken des Konzerns Überkapazitäten angesammelt. Es werde deshalb zu einem “Abbau der Standardbereiche” kommen, was weltweit verschiedene Fabriken, darunter auch solche in der Schweiz treffen werde. Aufruhr auch in der PolitikTrotz der verklausulierten Ankündigung durch den Präsidenten sorgte die Nachricht gestern für Aufruhr sowohl im Kreis der Mitarbeiter als auch in der Politik und den Medien. Vertreter der Regierungen in den betroffenen Regionen der Schweiz zeigten sich “schockiert” und “enttäuscht” von der Entscheidung.In der Schweiz wurde vor allem der geplante Abbau von 700 Stellen im hochmodernen Produktionswerk Stein bei Basel mit Erstaunen zur Kenntnis genommen. Im Jahr 2012 hatte Novartis dort den Beginn der weltweit modernsten Pillenfabrik im Konzern in Angriff genommen. Die Anlage wurde vor noch nicht allzu langer Zeit mit Kosten von weit über 600 Mill. Dollar eröffnet. In Stein werden unter anderem die Leukämiepille Gleevec und der Blutdrucksenker Diovan hergestellt. Die beiden Medikamente generierten Milliardenumsätze bis ihr Patentschutz 2012 bzw. 2015 auslief.Der Patentablauf für die beiden Blockbuster sei zwar schon bei Baubeginn absehbar gewesen, räumte ein Sprecher auf Anfrage ein. Doch es hätten sich eben auch die Volumina anderer Produkte nicht so entwickelt, wie dies ursprünglich erwartet worden sei. Ausdrücklich nicht dazu gehöre aber Entresto, die Nachfolgepille für Diovan, die seit der Lancierung im Jahr 2015 nie an die anfänglich erwarteten Verkaufszahlen herangekommen ist. Schließung in EnglandEin Schock ist die Restrukturierung auch für die nordostenglische Hafenstadt Grimsby, wo das Novartis Werk mit 400 Angestellten nach 50 Jahren ganz geschlossen werden soll. Nach der geplanten Ausgliederung des Augenmittelherstellers Alcon wird Novartis weltweit noch 105 000 Mitarbeiter zählen. Von diesen würden weiterhin ungefähr 10 % in der Schweiz tätig sein, verspricht der Konzern.