Abnehmpillen

Novo Nordisk erwartet schwächeres Wachstum

Gute Geschäfte mit den Gewichtssenkern und Diabetes-Mitteln Ozempic und Wegovy haben dem Pharmakonzern Novo Nordisk auch im vergangenen Jahr Schwung verliehen. Doch die Aussichten werden unter Investoren kontrovers diskutiert.

Novo Nordisk erwartet schwächeres Wachstum

Novo Nordisk rechnet mit schwächerem Wachstum

Pharmakonzern erreicht Gewinnsprung im vergangenen Jahr

Reuters/dpa-afx Frankfurt

Der dänische Pharmakonzern Novo Nordisk rechnet in diesem Jahr mit einem langsameren Wachstum. Der Umsatz solle 2025 zwischen 16 und 24% zulegen, stellte der Hersteller der Abnehmspritze Wegovy und des Diabetes-Medikaments Ozempic am Mittwoch in Aussicht. 2024 war der Umsatz noch um 26% gestiegen. Der operative Gewinn solle zwischen 19 und 27% wachsen nach einem Plus von 26% im abgelaufenen Jahr. Analysten befürchten seit längerem, dass sich zum einen der steigende Wettbewerb im Markt mit Abnehmmedikamenten auf Novo Nordisk auswirkt. Zum anderen befürchten sie auch eine abnehmende Nachfrage nach den Mitteln in den USA.

Wegovy-Verkäufe im Rahmen der Prognosen

Zwischen Oktober und Dezember stieg der Betriebsgewinn um 37% auf 36,7 Mrd. dkr (4,92 Mrd. Euro). Von der Firma befragte Analysten hatten lediglich mit 33,6 Mrd. dkr gerechnet. Im Gesamtjahr 2024 kletterte der Umsatz um 25 (währungsbereinigt 26)% auf gut 290 Mrd. dkr (38,9 Mrd. Euro). Unter dem Strich stieg der Gewinn um 21% auf 101 Mrd. dkr. Damit übertraf der Konzern die Erwartungen von Analysten, die Verkäufe mit dem viel beachteten Gewichtssenker Wegovy lagen im Rahmen der Prognosen. Der Analyst James Quigley von Goldman Sachs attestiert dem Pharmakonzern solide Ergebnisse und auch solide Ziele für 2025. Barclays-Analystin Emily Field kommentiert, die Prognosen seien gut genug, um wieder in die Spur zu kommen. „Im Jahr 2025 werden wir uns weiterhin auf die kommerzielle Umsetzung, auf unsere frühe und fortgeschrittene Forschungspipeline und den Ausbau unter Produktionskapazitäten konzentrieren“, sagte Konzernchef Lars Fruergaard Jørgensen.

Diskussionen um CagriSema

Zuletzt haben enttäuschenden Studiendaten zur neuen Abnehmspritze CagriSema dem Pharmakonzern zugesetzt. Investoren fordern mehr Transparenz, nachdem die Unsicherheit um die Wirksamkeit des Mittels im Dezember zu einem Kurssturz der Aktie geführt hatte. Novo sieht in CagriSema einen potenziellen Nachfolger für den Blockbuster Wegovy, doch Anleger zweifeln, ob das Medikament stark genug ist, um den US-Konkurrenten Eli Lilly zu überholen.

CagriSema kombiniert Semaglutid, den Wirkstoff von Novo Nordisks Bestseller Wegovy, mit Cagrilintid, einem Analogon des Peptidhormons Amylin. Damit wirkt es sowohl auf das Darmhormon GLP-1, auf das auch Wegovy abzielt, als auch auf Amylin, ein Hormon der Bauchspeicheldrüse. Die Kombination soll eine zusätzliche Wirkung gegenüber Semaglutid allein entfalten.

Nebenwirkungen

In Interviews mit Reuters berichten fünf Patienten, die an der Studie teilnahmen oder Teil einer separaten Studie im Spätstadium sind, dass die wöchentliche Injektion ihnen geholfen habe, schnell Pfunde zu verlieren. Gleichzeitig schildern sie Nebenwirkungen wie Übelkeit, Verstopfung und Erschöpfung, die sie als erheblich bezeichnen. Novo hatte in seiner Auswertung erklärt, die häufigsten Nebenwirkungen seien gastrointestinale Beschwerden gewesen, die meist mild bis moderat ausfielen und mit der Zeit nachließen – ein bekanntes Muster für die Wirkstoffklasse der GLP-1-Rezeptor-Agonisten, zu der auch Wegovy und das Lilly-Mittel Zepbound/Mounjaro gehören.

Eine Teilnehmerin der im Dezember veröffentlichten Redefine-1-Studie sagt, sie sei in den ersten sechs Monaten mehrfach in Ohnmacht gefallen. Über die 68-wöchige Studiendauer verlor sie 29% ihres Körpergewichts. „Es ist wohl normal, sich schrecklich zu fühlen, wenn man in sechs Monaten 30 bis 40 Kilo verliert“, sagt die Patientin, die anonym bleiben will. Als sie die höchste Dosis erreichte, verlangsamte sich ihr Gewichtsverlust, und sie fühlte sich besser.

Gewichtsverlust

In der Studie Redefine-1 verloren Patienten durchschnittlich 22,7% ihres Körpergewichts, wobei 40,4% mindestens 25% ihres Gewichts reduzierten. Damit blieb die Gewichtsabnahme hinter den von Novo geschürten Erwartungen von durchschnittlich 25% zurück. Die Enttäuschung der Investoren darüber ließ den Marktwert des Unternehmens am Tag der Veröffentlichung der Daten um 125 Mrd. Dollar einbrechen.

Offen blieb, warum nur 57,3% der Studienteilnehmer die höchste Dosierung erreichten. Experten spekulieren, ob dies auf Nebenwirkungen oder eine ausreichende Wirkung niedrigerer Dosierungen zurückzuführen ist. Zudem sorgte das flexible Dosierungsschema der Studie für Diskussionen, da Patienten ihre Dosierung anpassen konnten, anstatt einem festen Plan zu folgen. Einige Investoren und Analysten sehen darin eine mögliche Erklärung für die niedrige Quote an Patienten mit Höchstdosierung. Novo plant eine neue Studie bis Juni.

Wirksamer als Konkurrenzprodukt?

Einige Marktbeobachter befürchten, dass CagriSema nicht wirksamer als Eli Lillys Konkurrenzprodukt Zepbound/Mounjaro ist, möglicherweise schlechter vertragen wird und schwieriger herzustellen sein könnte. „Bei CagriSema nehmen die Leute das Schlimmste an“, sagt Barclays-Analystin Emily Field. „Wir stimmen nicht in allen Punkten zu, aber ohne weitere Kommentare des Unternehmens ist die negative Haltung nachvollziehbar.“ Zwei der befragten Studienteilnehmer waren Teil der abgeschlossenen Redefine-1-Studie, drei nehmen an der laufenden Phase-III-Studie Redefine-4 teil, in der CagriSema direkt mit Zepbound/Mounjaro verglichen wird. Redefine-1-Teilnehmer erfuhren erst nach Abschluss der Studie, welches Medikament sie erhalten hatten, während Redefine-4-Patienten dies von Beginn an wissen.

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