Nvidia zahlt 40 Mrd. Dollar für ARM
Mit der Übernahme durch Nvidia gerät der global führende Chipdesigner ARM unter amerikanische Kontrolle. ARM-Mitgründer Hermann Hauser kritisierte den größten Chipdeal der Geschichte scharf: “Die Schweiz der Halbleiterindustrie” sei in Gefahr. Die Börse dagegen jubelte. Die Nvidia-Aktie kletterte um 7,4 %.hei Frankfurt – Der global führende Chipdesigner ARM, dessen Produkte für alle Smartphone-Hersteller und auch für die gesamte Halbleiterbranche unverzichtbar sind, wechselt für bis zu 40 Mrd. Dollar den Besitzer. Der US-Grafikkartenhersteller Nvidia zahlt Softbank 12 Mrd. Dollar in bar sowie 21,5 Mrd. Dollar in eigenen Aktien. Hinzu kommen weitere 5 Mrd. Dollar in Aktien, falls bestimmte geschäftliche Erfolge erreicht werden. Es ist damit der bisher größte Chipdeal der Geschichte. Softbank, die ARM erst vor vier Jahren für 32 Mrd. Dollar gekauft und von der Börse genommen hatte, streicht einen satten Gewinn ein.Nvidia, deren Grafikkarten für Computerspiele weltweit als führendes Spitzenprodukt gelten, zählt zu den Gewinnern der Coronakrise, weil Gaming-Computer aufgrund der behördlich verordneten Häuslichkeit in zahlreichen Ländern steigenden Absatz fanden. Das schlug sich auch im Aktienkurs nieder, der seit Jahresbeginn um fast 120 % zugelegt hat, so dass Nvidia eine valide Währung für den Kauf besitzt. Den Cash-Anteil zahlt der Konzern aus den Barreserven. Dem Vernehmen nach hatte auch Apple kurzzeitig Übernahmegespräche geführt, die aber scheiterten. Nvidia-CEO und -Gründer Jensen Huang erklärte, die Kombination der mit künstlicher Intelligenz gerüsteten Chiptechnologie von Nvidia mit Kompetenz von ARM bei einem breiten Spektrum von Prozessoren werde ein globales Powerhouse in den Bereichen 5G-Smartphones, Cloud Computing, Robotik, autonomes Fahren, Internet der Dinge und Medizintechnik schaffen. Der US-Konzern dehnt damit seine Entwicklerschar von bisher 2 auf 15 Millionen aus.Während die Nvidia-Aktie in den vergangenen vier Jahren auf mehr als den siebenfachen Wert gestiegen ist, hat sich ARM gemessen am Einstiegspreis von Softbank deutlich schlechter entwickelt. Das Management von Nvidia und das von ARM waren sich einig, dass sich der Chipdesigner mit einem anderen Eigentümer besser entwickeln könnte, heißt es. Jedoch muss der Deal noch zahlreiche behördliche Genehmigungen erhalten, ein Hürdenlauf, für den die Unternehmen 18 Monate veranschlagen. Zustimmen müssen neben den USA auch Großbritannien, die EU und vor allem China.Nvidia zeigt sich bemüht, die auch künftig neutrale Position von ARM in der Branche herauszustellen. Der Chipdesigner solle seinen Hauptsitz in Cambridge behalten, ebenso wie die eigene Marke und das gegenwärtige Management-Team. Bestand haben soll auch das offene neutrale Lizenzmodell von ARM gegenüber allen Kunden. Es soll nicht den US-Exportkontrollen unterliegen. Zu Kunden zählen Technologieschwergewichte wie Apple, Samsung und Qualcomm, aber auch Huawei und alle Halbleiterhersteller. ARM-Mitgründer Hermann Hauser übte indes bereits scharfe Kritik an der Transaktion und sieht die “Schweiz der Halbleiterindustrie in Gefahr”. ARM sei “das letzte europäische Technologieunternehmen mit globaler Bedeutung, und es wird an die Amerikaner verkauft”, sagte er gegenüber Reuters. Hauser forderte die britischen Behörden auf, strikte Auflagen für das neutrale Geschäftsmodell sowie Forschung und Arbeitsplätze in Großbritannien zu machen.Nvidia hofft, sich zusammen mit ARM insbesondere bei allen Chiptechnologien mit künstlicher Intelligenz (KI) führend zu positionieren. Die Forschung und Entwicklung in Cambridge solle dazu gestärkt werden, betonte CEO Huang. KI-getriebene Deals sind in Zahl und Volumen laut einer Studie des Beratungsunternehmens Hampleton Partners seit 2014 rasant angeschwollen. Insbesondere US-Techschwergewichte haben sich bei KI durch Zukäufe gestärkt. So hat allein Apple in den vergangenen zweieinhalb Jahren zehn Unternehmen in diesem Bereich gekauft, Microsoft und Oracle fünf, Facebook vier. 2019 wurden mehr Deals gezählt als 2017 und 2018 zusammen. Zu den volumenmäßig größten Transaktionen zählte der Kauf von Sophos durch Thoma Bravo für 3,8 Mrd. Dollar sowie der Erwerb von Assurance IQ durch Prudential für 2,4 Mrd. Dollar. Auch Private Equity ist hier aktiv, namentlich Carlyle und HG Capital.