RECHT UND KAPITALMARKT

Obergrenze für Bargeld verteuert Geschäfte tendenziell

Transaktionskosten würden steigen, und das Ausfallrisiko würde zunehmen

Obergrenze für Bargeld verteuert Geschäfte tendenziell

Von Horst Hammen *)In der Diskussion über die Einführung einer Obergrenze für Barzahlungen in Höhe von 5 000 Euro haben Kritiker dieser Pläne vorgetragen, die hiermit intendierte Eindämmung der Geldwäsche sei auf diesem Wege gar nicht zu erreichen. Und ferner, es verstoße diese Obergrenze gegen die grundrechtlich garantierte Vertragsfreiheit. Hinzuzufügen ist, dass diese Maßnahme das Ausfallrisiko steigen lassen und tendenziell die von der Politik in den Blick genommenen Geschäfte (Kunst, Gebrauchtwagen, Schmuck und so weiter) verteuern wird. Dies betrifft umso mehr Aktivitäten des Handels (Hi-Fi-Geräte, Kleidung), je weiter man die Barzahlungsgrenzen herabsetzt. In Frankreich sind es zum Beispiel 1 000 Euro.Ein Beispiel: Eine in Deutschland ansässige Privatperson möchte bei einem Kunsthändler oder einem privaten Verkäufer in Frankreich nach Besichtigung vor Ort ein Kunstwerk oder einen gebrauchten Pkw zu einem Preis von jeweils 9 000 Euro kaufen. Eine unbare Zahlung, beispielsweise mit Kreditkarte, die den Verkäufern Sicherheit bieten könnte, kommt meist nicht in Betracht, weil der angeführte Betrag bei den meisten Menschen die persönliche Obergrenze für unbare Zahlung (Kreditkartenlimit) übersteigt. Und weil Kunsthändler die bei einer Zahlung mit Kreditkarte anfallende Händlergebühr scheuen und weil private Verkäufer in den seltensten Fällen an ein System unbarer Zahlung, etwa Tap & Go mit NFC-Technik, angeschlossen sind.Wenn es nun dem Käufer verwehrt wird, bar zu zahlen, wird das im Bürgerlichen Gesetzbuch angelegte System der Sicherung der Vertragsabwicklung aus den Angeln gehoben. Nach diesem System gibt es bei Austauschverhältnissen, bei denen ein gleichzeitiger Leistungsaustausch unmöglich und deshalb eine Partei typischerweise vorleistungspflichtig ist, gesetzliche und andere praktikable Sicherungsinstrumente (etwa Vermieter-, Werkunternehmer-, Spediteurpfandrecht, Auflassungsvormerkung) zugunsten dieser Partei. Bei Verhältnissen, bei denen – wie insbesondere beim Kauf beweglicher Sachen – ein gleichzeitiger Leistungsaustausch möglich und deshalb eine Vorleistung des einen oder des anderen nicht sachbedingt zwingend ist, sieht das Bürgerliche Recht im Regelfall eine beiderseitige Absicherung der Vertragsabwicklung durch Leistung Zug um Zug vor. Absicherung entfälltSoweit Bargeldzahlung staatlicherseits verboten wird, ohne dass der Gesetzgeber andere ausreichende Sicherungen bereitstellt, entfällt jene Absicherung, solange es noch keine mobilen Echtzeitzahlungen (Instant Payments) auch zwischen Privatpersonen gibt, weil eine von beiden Parteien notwendigerweise vorleisten muss. Überweist der Käufer, wenn der Verkäufer auf vorheriger Zahlung besteht, nach der Besichtigung vor Ort und nach seiner Rückkehr von Deutschland aus den Preis, trägt er das rechtspraktisch kaum absicherbare Risiko, dass der Verkäufer insolvent wird oder spurlos verschwindet.Zudem müssen er oder der Verkäufer zum Schaden beider die nach Eingang der Zahlung anfallenden zusätzlichen Transportkosten tragen. Gibt der Verkäufer dem Käufer das Kunstwerk oder den Personenwagen sofort mit, trägt nun er das Risiko der Uneinbringlichkeit der Kaufpreisforderung. Zwar mag er sich durch einen Eigentumsvorbehalt absichern. Aber will man ihm wirklich zumuten, seine hieraus resultierenden Rechte am Wohnort des Käufers in Deutschland mit allen damit verbundenen Unwägbarkeiten gerichtlich geltend zu machen? Aufschlag auf den PreisZudem verteuern sich die genannten Geschäfte tendenziell, weil der Verkäufer, wenn er vorleistet, sein Ausfallrisiko kalkulieren muss und weil bei jeder unbaren Zahlung Kosten des Intermediärs (Bank, Kreditkartenunternehmen) anfallen, die entweder der Käufer neben dem Kaufpreis tragen muss (Überweisung ins Nicht-EU-Ausland) oder die der Verkäufer, sollte er doch einmal Zahlung mit Kreditkarte akzeptieren, auf den Kaufpreis aufschlagen wird.Demgegenüber fallen bei einer Barzahlung bei den geschilderten Geschäften keine zusätzlichen Transaktionskosten an, weil sowohl die Auszahlung der Kaufpreissumme vom Konto des Käufers als auch die Einzahlung des Bargelds auf das Konto des Verkäufers von der ohnehin fortlaufend anfallenden Kontoführungsgebühr abgedeckt sind. Und bei einem Kaufpreis unter 10 000 Euro trifft den Händler nicht einmal die gewiss lästige Geldwäsche-Identifikationspflicht. Allenfalls benötigen beide Vertragsparteien für den Transport des Geldes – sollte die Europäische Zentralbank die 500-Euro-Scheine abschaffen – eine dehnbarere Geldbörse.—-*) Prof. Dr. Horst Hammen leitet die Professur für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht, Deutsches und Europäisches Bank- und Kapitalmarktrecht an der Justus-Liebig-Universität Gießen.