Offene "Baustellen" bei Thyssenkrupp
cru Düsseldorf – Der Betriebsrat der Thyssenkrupp-Stahlsparte sieht kurz vor der Aufsichtsratsabstimmung über die Fusion mit dem Europageschäft des indischen Konkurrenten Tata Steel, die für die kommende Woche geplant ist, “noch ein paar Baustellen”. Noch offen seien die finalen Gutachten zur wirtschaftlichen Tragfähigkeit, die durch die entstandene Wertlücke beim 50:50-Joint-Venture zwischen Thyssenkrupp und Tata Steel mit besonderer Spannung erwartet würden, sagte Stahl-Betriebsratschef Tekin Nasikkol, am Donnerstag in Duisburg. Die Zustimmung der Arbeitnehmervertreter, die die Hälfte der Aufsichtsratsmitglieder stellen, hänge in großem Maße von dem Papier ab.Den Gewerkschaftern der IG Metall, insbesondere dem aus der Gewerkschaftszentrale in Frankfurt entsandten Vize-Aufsichtsratschef Markus Grolms, ist es besonders wichtig, das neue Unternehmen nicht mit zu vielen Schulden zu belasten. Bisher ist geplant, dass Tata 2,5 Mrd. Euro Schulden einbringt, während Thyssenkrupp 4 Mrd. Euro an Verpflichtungen überträgt. Die Schuldenlast entspricht damit mehr als dem Vierfachen des geplanten operativen Jahresgewinns. Kritik an GroßaktionärenUnterdessen kritisierte Betriebsrat Nasikkol den schwedischen Finanzinvestor Cevian und den US-Hedgefonds Elliott, die mit 18 % bzw. knapp 3 % an Thyssenkrupp beteiligt sind und eine Nachverhandlung des Joint Venture gefordert haben. “Im Kalkül von Cevian oder Elliott kommen die Interessen der Beschäftigten überhaupt nicht vor – da geht es ausschließlich um finanzielle Interessen”, sagte Nasikkol. “Da erwarten wir von allen Beteiligten Sorgfalt vor Schnelligkeit bei der Problemlösung.” Thyssenkrupp hatte angekündigt, noch im Juni eine Entscheidung über die Stahlfusion herbeizuführen.Nasikkol bestätigte laufende Verhandlungen über eine mögliche Wertlücke. Es würden derzeit verschiedene Alternativen geprüft. Der Betriebsrat werde die mögliche Verlagerung von weiteren Schulden von Thyssenkrupp auf das Gemeinschaftsunternehmen jedoch strikt ablehnen, kündigte er an.Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger treibt den Deal seit 2016 voran, musste aber Verzögerungen hinnehmen, etwa durch den Brexit oder einen Führungswechsel bei Tata. Nun will der Konzern bis Ende nächster Woche die Pläne durch den Aufsichtsrat bringen. Offen ist, wie die durch eine zuletzt schlechtere Performance von Tata entstandene Bewertungslücke geschlossen wird. Wahrscheinlich ist ein Mix aus Maßnahmen. Thyssenkrupp könnte am 50:50-Joint-Venture mehr Kapitalanteile halten, etwa 55 oder 60 %, bei den Stimmrechten aber auf gleicher Höhe bleiben. Zudem könnte Tata weniger Schulden einbringen oder erwartete Dividenden weiterleiten oder gleich eine Barzahlung zuschießen. Nach Abschluss der Transaktion soll eine neue Strategie für den Gesamtkonzern vorgestellt werden.