Ölkonzern BP dämmt Coronaschäden ein

Ausblick fürs Kerngeschäft bleibt unsicher - Umbau zu "grünem" Unternehmen trifft auf Skepsis

Ölkonzern BP dämmt Coronaschäden ein

bet London – Während des langen Umbaus zu einem umweltfreundlicheren Unternehmen hat der Erdöl- und Erdgasriese BP eine Atempause erhalten. Der britische Konzern konnte im dritten Quartal die hohen Verluste des Frühjahrs eindämmen. Als der erste Corona-Lockdown zwischen April und Juni zahlreiche Volkswirtschaften in die Kältestarre schickte und der Erdölpreis kollabierte, erwirtschaftete BP noch einen Verlust von 16,8 Mrd. Dollar. Dieses Minus ist in den folgenden drei Monaten auf 450 Mill. Dollar geschrumpft, wie der Konzern am Dienstag mitteilte. Bereinigt um Wertschwankungen der Lager, Einmaleffekte und Umbaukosten – die von Analysten bevorzugte Betrachtungsweise – entstand sogar ein kleiner Gewinn von 86 Mill. Dollar.Dieses Lebenszeichen schlug die Markterwartungen deutlich. Es ist allerdings nicht auf substanziell höhere Gewinne aus dem Raffineriegeschäft zurückzuführen, das sich weiterhin schwach entwickelt. Nach einem Absturz auf bis zu 20 Dollar je Fass für die Nordseesorte Brent schwankt der Erdölpreis seit Juni um rund 40 Dollar. Die ungewöhnliche Kombination aus niedrigen Rohstoffpreisen und dennoch niedriger Ölnachfrage aufgrund des stark eingeschränkten Reiseverkehrs und der schleppenden Wirtschaftserholung lastet wie Blei auf den Margen des Kerngeschäfts. Allerdings musste BP im dritten Quartal nicht den Wert der Erdölfelder in der Bilanz in solch hohem Ausmaß korrigieren, wie es im Frühjahr durch den Preisverfall nötig geworden war.Die Coronakrise zwang BP im August, zum ersten Mal seit zehn Jahren die Dividende zu kürzen. Die Halbierung der Ausschüttung lastet weiterhin auf dem Aktienkurs, der auf dem niedrigsten Niveau seit mehr als 20 Jahren notiert und seit Jahresbeginn mehr als die Hälfte verloren hat. Zwar herrschte kurz Optimismus, als Firmenchef Bernard Looney im August gleichzeitig Details für den Umbau zu einem “grünen” Konzern vorlegte. Doch inzwischen sind die Investoren wieder skeptischer geworden, ob diese Abkehr von dem in normalen Zeiten ertragsreichen Erdölgeschäft Früchte tragen wird. Die Finanzierung der Dividende habe oberste Priorität, versprach Finanzchef Murray Auchincloss am Dienstag. Der operative Ausblick sei allerdings höchst unsicher.Looney verfolgt eine Klimastrategie, die zu den ambitioniertesten der Branche zählt. Bis 2050 soll BPs Produktion klimaneutral sein und die Förderung von Kohlenwasserstoffen bis 2030 um bis zu 40 % sinken. Bis dahin will der Konzern auch die Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen verzwanzigfachen. Im vergangenen Monat stieg BP erstmals in die Offshore-Windenergie ein und beteiligte sich an US-Projekten des norwegischen Konkurrenten Equinor. Konzernweit sollen 10 000 der 70 000 Arbeitsplätze abgebaut werden.Für den Umbau möchte BP bis 2025 Unternehmensteile im Wert von 25 Mrd. Dollar verkaufen. Davon sei inzwischen die Hälfte erfolgt oder arrangiert, ließ der Konzern wissen – inklusive der Veräußerung der Petrochemie-Sparte für 5 Mrd. Dollar. Die Erlöse sollen nicht nur in den Umbau, sondern auch in die Reduktion der beachtlichen Schuldenlast fließen. BP möchte die Nettoverbindlichkeiten von derzeit rund 40 Mrd. Dollar auf 35 Mrd. Dollar senken. Sobald dieses Ziel erreicht ist, werde über Aktienrückkäufe nachgedacht, hieß es am Dienstag. Frühestens könne dies ab dem vierten Quartal 2021 der Fall sein.