On Time
Bei Lufthansa stehen die Zeichen auf Sturm: Im wichtigsten Geschäftsfeld Passage ist das operative Ergebnis in den ersten neun Monaten um die Hälfte geschrumpft, im Gesamtjahr werden dort rote Zahlen erwartet und die für die Profitabilität wichtigen Verkäufe von First- und Business-Class-Tickets schwächeln. Eine Erholung im Frachtgeschäft wird nicht vor Mitte 2013 erwartet, und die milliardenschweren Kerosinausgaben schlagen derzeit voll ins Kontor, weil die Preissicherung kaum wirkt.Bei Lufthansa stehen die Zeichen aber auch auf Entspannung: Dank der breiten Aufstellung außerhalb des reinen Fluggeschäfts wirken die anderen Geschäftsfelder wie Catering und Technik als Puffer für die schwache Fliegerei, und auch die Airline-Tochter Swiss ist trotz Einbußen nach wie vor hochprofitabel. Die konzernweite operative Marge von 3,1 % nach den ersten neun Monaten ist zwar meilenweit von der Zielrendite von 8 % entfernt, doch können die meisten Wettbewerber derzeit von einer positiven Marge – und sei sie noch so mager – nur träumen.Die Nettoinvestitionen der Lufthansa von 1,5 Mrd. Euro in den ersten drei Quartalen sind angesichts sinkender Ergebnisse eine echte Bürde, die das Unternehmen allerdings angesichts eines operativen Cash-flow von 2,4 Mrd. Euro gut stemmen kann. Ganz zu schweigen von der Liquidität des Konzerns, die im Vergleich zum Vorjahr noch einmal um über 500 Mill. Euro auf stolze 4,9 Mrd. Euro angeschwollen ist.Unterm Strich ist die Lage der Fluggesellschaft also ernst, aber bei weitem nicht hoffnungslos. Das Team um Vorstandschef Christoph Franz hat mit dem Kostensenkungsprogramm “Score” alles in allem rechtzeitig die notwendigen Maßnahmen ergriffen, auch wenn die eine oder andere Volte – etwa die Verlagerung des dezentralen Europaverkehrs auf die günstiger produzierende Tochter Germanwings – früher hätte gedreht werden können. Nun, da sich die Belastung durch externe Faktoren wie die konjunkturelle Abschwächung oder den hohen Ölpreis weiter erhöht und die Score-Effekte aufzuzehren droht, wird richtigerweise beherzt nachgebessert.Den Ton verschärft hat Franz am Mittwoch allerdings nicht nur, weil sich die Krise angesichts unsicherer Buchungsaussichten tatsächlich zuspitzt, sondern auch, weil Verhandlungen mit den Arbeitnehmern laufen. Die über die Jahre erfolgsverwöhnten Lufthanseaten vom Restrukturierungskurs zu überzeugen, dürfte in den nächsten Monaten die schwierigste Aufgabe für den Vorstand werden.