Oracle sticht Microsoft bei Tiktok aus
Im Kampf um das US-Geschäft der Videosharing-App Tiktok hat sich der chinesische Eigner Bytedance gegen das Angebot von Microsoft und Walmart entschieden. Stattdessen soll eine enge Partnerschaft mit Oracle eingegangen werden, bei der die Algorithmen im Haus bleiben – falls die US-Behörden zustimmen.scd Frankfurt – Der US-Softwarekonzern Oracle hat den größeren Konkurrenten Microsoft im Wettbieten um das US-Geschäft der Videosharing-Plattform Tiktok ausgestochen. Dabei soll allerdings nicht unbedingt das höhere Gebot den Ausschlag gegeben haben, wie US-Medien berichten. Während Microsoft eine unmittelbare Übernahme angestrebt habe, soll Oracle an einer Beteiligung und Technologiepartnerschaft mit der chinesischen Tiktok-Mutter Bytedance interessiert sein, heißt es mit Verweis auf informierte Kreise. Beispielsweise könnte Oracle eine substanzielle Beteiligung an einer noch zu formenden Tiktok-US-Gesellschaft eingehen und zugleich die Daten der Nutzer auf den hauseigenen Cloud-Servern managen. Damit sollen Sorgen der US-Regierung aus der Welt geräumt werden, China könne Zugriff auf die Daten der US-Anwender behalten.Charme hätte ein solcher Deal auch für die weiteren Investoren von Bytedance – darunter die Venture-Capital-Gesellschaften Sequoia Capital and General Atlantic. Sie sollen ebenfalls an der ausgegliederten US-Gesellschaft beteiligt werden. Das dürfte den Wagniskapitalgebern einiges wert sein, gilt Tiktok doch als das bislang am schnellsten gewachsene soziale Netzwerk (siehe Grafik). Die genauen Bedingungen des Deals sollen allerdings noch Gegenstand von Verhandlungen sein.Ein wesentlicher Vorteil der Lösung aus Sicht der Chinesen wäre, dass Bytedance die Kontrolle über den App-Algorithmus sowie den Programm-Code behalten soll. Microsoft hätte beides mitübernehmen wollen und jede Veränderung gegenüber der US-Regierung kommuniziert. Diese Option war allerdings zuletzt durch das chinesische Handelsministerium faktisch unterbunden worden. Dieses hatte Ende des vergangenen Monats strengere Auflagen für den Technologieexport beschlossen, die eine Weitergabe der Programmcodes und Algorithmen von Tiktok faktisch verbieten. Guter Draht ins Weiße HausEine vergleichbare Konstruktion, wie sie nun Oracle planen soll, hatte Microsoft der US-Regierung ursprünglich zwar auch vorgestellt, biss dabei aber auf Granit. Nach dem ersten Vorstoß des Windows-Konzerns hieß es noch, es komme nur eine Abtrennung des US-Geschäfts mit anschließendem Komplettverkauf an einen amerikanischen Konzern in Frage. Daraufhin tat sich Microsoft mit dem Einzelhandelsriesen Walmart zusammen und bot mit diesem gemeinsam. Walmart deutete nun an, sich auch an einem anderen Deal beteiligen zu können. Der Konzern setze die Gespräche mit dem Management von Bytedance und “anderen interessierten Parteien” fort. Oracle-Mitgründer und Chairman Larry Ellison hat als Unterstützer von US-Präsident Donald Trump einen wohl besseren Draht ins Weiße Haus als sein Gegenüber.Microsoft-CEO Satya Nadella wird bestenfalls ein professionell neutrales Verhältnis zum Mann an der Spitze der US-Regierung nachgesagt. Als die US-Behörden vor zwei Jahren Einwandererkinder von deren Eltern trennten, wenn diese sich illegal im Land aufhielten, bezeichnete Nadella dieses Vorgehen zwar als abscheulich. Bei einem Treffen mehrerer US-Technologie-Manager im Weißen Haus vor drei Jahren saß Nadella aber immerhin zur linken Seite von Trump, während Apple-Chef Tim Cook den Platz zur Rechten einnehmen durfte. Dem Vergleich mit den Verbindungen von Oracle in die amerikanische Regierung hält Microsoft indes nicht stand. Ellison hat für Donald Trump etwa Anfang des Jahres eine Spendengala für dessen Wahlkampf auf seinem privaten Anwesen gegeben. Oracle-CEO Safra Catz war derweil die einzige Technologie-Managerin, die dem sogenannten Transition Team von Trump nach dessen Wahlerfolg im November 2016 angehörte. Viele RegierungsaufträgeDoch nicht nur die Führungsspitze des jahrzehntelangen SAP-Rivalen ist eng mit der US-Regierung verbunden. Laut Oracles eigener Website setzen acht der zehn haushaltsstärksten US-Bundesbehörden auf die Cloud-Dienste des Unternehmens aus Redwood City (Kalifornien). Hinzu kämen 36 von 50 Bundesstaaten sowie alle vier Militärabteilungen (Marines, Navy, Army und Air Force).Entsprechend überzeugt dürften die amerikanischen Behörden von der Sicherheit der Oracle-Cloud sein. Peter Navarro, der US-Präsident Donald Trump in Handelsfragen berät, hatte in einem Interview mit dem rechtskonservativen Nachrichtensender Fox News bereits Ende August angedeutet, dass von den beiden Bietern Oracle den Vorteil habe, weit weniger Geschäft mit China zu machen. Entscheidung binnen TagenOb das ausreicht, muss neben dem Weißen Haus auch noch das Committee on Foreign Investments in the United States (CFIUS) positiv beantworten. Laut Finanzminister Steve Mnuchin, der dem Ausschuss angehört, soll der vorgeschlagene Deal mit Oracle noch während eines Treffens in dieser Woche besprochen und eine Empfehlung an US-Präsident Trump gegeben werden.Um sicherzustellen, dass die Daten der App, der Code und die Smartphones sicher seien, würden sich die technischen Experten der US-Regierung in den kommenden Tagen mit den Experten von Oracle treffen, so der Finanzminister in einem Fernsehinterview mit dem US-Nachrichtensender CNBC.Er bestätigte noch einmal, dass die Frist, bis zu der die Chinesen ihr US-amerikanisches Geschäft abgegeben haben müssen, weiterhin der 20. September sei. Eine Entscheidung müsste also in den nächsten fünf Tagen fallen.