Ottobock ringt mit Kartellwächtern

Orthopädietechnikspezialist soll US-Firma Freedom Innovations verkaufen

Ottobock ringt mit Kartellwächtern

ste Hamburg – Der Orthopädietechnikspezialist Ottobock ringt mit der US-Wettbewerbs- und Verbraucherschutzbehörde FTC nach wie vor um eine Lösung im Zusammenhang mit der auf Eis liegenden Übernahme des amerikanischen Prothetikunternehmens Freedom Innovations (FI). Nach der am 6. November veröffentlichten finalen Entscheidung der Behörde, dass die Duderstädter FI innerhalb von 90 Tagen nach Inkrafttreten des endgültigen Urteils ohne Mindestpreis verkaufen müssten, legte Ottobock innerhalb der dafür vorgesehenen Frist von 60 Tagen Widerspruch ein – “um uns alle Optionen offenzuhalten”, wie ein Firmensprecher auf Anfrage mitteilte. Man befinde sich “weiterhin in konstruktiven Gesprächen mit der FTC zu einem Settlement”. Im September 2017 hatten die Niedersachsen die Übernahme des Branchendritten im US-Markt mit dem Eigentümer, der Private-Equity-Firma Health Evolutions Partners, für einen nicht genannten Kaufpreis vereinbart.Die US-Wettbewerbshüter sehen infolge des FI-Erwerbs durch Ottobock den Wettbewerb auf dem amerikanischen Markt für mikroprozessorgesteuerte prothetische Kniegelenke beeinträchtigt. Bereits gegen die erstinstanzliche Entscheidung der FTC im Frühjahr 2019 hatte Ottobock gemäß einer Ankündigung am 8. Mai vergangenen Jahres Widerspruch eingelegt. Kurz darauf hatte das Unternehmen mitgeteilt, aufgrund der rechtlichen Unsicherheit 78 Mill. Euro im Zusammenhang mit FI abgeschrieben zu haben (vgl. BZ vom 25.5.2019). Damit baue man “im Geist eines vorsichtigen Kaufmanns” finanziellen Risiken infolge der umstrittenen Übernahme von FI, der Nummer 3 unter den Prothetikunternehmen in den USA, vor. Verlust nach Abschreibung Die Abschreibung auf die FI-Beteiligung trug dazu bei, dass die Näder Holding – die früher als Otto Bock Holding agierende Dachgesellschaft führt neben Ottobock den IT-Dienstleister Sycor sowie den Jachtbau-Bereich Baltic – im Konzernabschluss für das Geschäftsjahr 2018 einen Verlust von gut 107 (i.V. +268) Mill. Euro ausweist. Dem im September im Bundesanzeiger veröffentlichten Abschluss zufolge wurde der Nettobuchwert der Investition in FI “auf einen geschätzten Ertrag aus dem bevorstehenden Verkauf” wertberichtigt. Zuvor hatte das Duderstädter Unternehmen, das im Februar vergangenen Jahres mit einem Festakt in Anwesenheit von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sein 100-jähriges Bestehen feierte, den Verlust unerwähnt gelassen und nur mitgeteilt, Ottobock habe den Umsatz 2018 im Vorjahresvergleich um 6,7 % auf 927 Mill. Euro gesteigert und sei dank neuer Produkte und steigender Effizienz “voll auf Kurs in Richtung 1 Mrd. Euro Umsatz und weiter steigender Ergebnisse”. Das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis vor Abschreibungen (Ebitda) habe nach einem Anstieg um 15,9 % den Rekordwert von 174 Mill. Euro erreicht, so die Angaben im vergangenen Mai.Das von der Familie des Gründernachfahren Hans Georg Näder mehrheitlich beherrschte Unternehmen, an dem sich im Juni 2017 die schwedische Private-Equity-Gesellschaft EQT für geschätzte 600 Mill. Euro mit 20 % beteiligte, verfolgt den Plan, börsenreif zu werden. Zur Vorbereitung eines Börsengangs, den Ottobock “für die Zeit nach 2020” in Aussicht stellt, sollen unter anderem noch die Finanzberichterstattung auf IFRS-Rechnungslegung umgestellt und die Finanzmarktkommunikation auf- und ausgebaut werden.Ob Ottobock im Zuge eines Verkaufs möglicherweise Teile von Freedom Innovations behalten kann, ist offen. Eine Vereinbarung dürfte es in diesem Jahr geben. Zusätzliche Belastungen erwartet Ottobock nach der Abschreibung nicht mehr.