Pandemie sorgt für Abstieg fossiler Brennstoffe
Die Coronavirus-Pandemie hat aus Sicht der Volkswirte des Ölkonzerns BP dafür gesorgt, dass sich die weltweite Ölnachfrage auch in 30 Jahren noch nicht erholt haben wird. Selbst in ihrem “Business-as-Usual-Szenario mit einer CO2-Reduktion um weniger als 10 % liegt sie 2050 unter dem Niveau von 2018.hip London – Die Volkswirte von BP gehen davon aus, dass die weltweite Ölnachfrage in den kommenden Jahren ihren Höhepunkt überschreiten wird, so sie es nicht schon getan hat. Kernbotschaft ihres “BP Energy Outlook 2020″, der weit in die Zukunft blickt, ist: Die Coronavirus-Pandemie hat den erwarteten Abstieg der fossilen Brennstoffe beschleunigt.”Wir können die Zukunft nicht vorhersehen”, sagte BP-Chefvolkswirt Spencer Dale. Vermutlich erwiesen sich alle Szenarien der Studie als falsch. Doch könne man sie dazu nutzen, das Ausmaß der Ungewissheit besser zu erfassen, die den Wandel des Energiesystems hin zu weniger CO2-Emissionen begleite. Bemerkenswert ist, dass sich die weltweite Ölnachfrage in allen drei Szenarien bis 2050 nicht wieder auf das Niveau von 2018 erholen wird. Ein Szenario unterstellt bis dahin eine schnelle Energiewende, durch die der CO2- Ausstoß in der Energiegewinnung um 70 % zurückgefahren werden kann. Es entspricht den Anstrengungen, die erforderlich wären, um den Anstieg der Welttemperatur im Vergleich zur Zeit vor der Industrialisierung bis zum Jahr 2100 unter 2 C° zu halten. In diesem Fall würde die Ölnachfrage um 55 % zurückgehen. Das “Net Zero”-Szenario entspricht einer Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 95 %. Greta Thunberg möchte das auch, nur früher. Die Ölnachfrage würde dadurch um 80 % einbrechen. Aber auch im “Business-as-usual”-Szenario, in dem alles wie gehabt weitergeht und der CO2-Ausstoß um weniger als 10 % gedrückt werden kann, liegt die Ölnachfrage 2050 um 10 % unter der des Jahres 2018. In allen drei Szenarien erreicht der Einsatz von Öl im Verkehr Mitte bis Ende der 2020er-Jahre seinen Höhepunkt. Höhere CO2-Preise unterstelltSowohl das erste als auch das zweite Szenario gehen von einer rasanten Verteuerung von CO2-Verschmutzungsrechten aus. Die BP-Volkswirte unterstellen für Industrieländer einen Preis von 250 Dollar je Tonne im Jahr 2050, für Entwicklungsländer haben sie 175 Dollar je Tonne angesetzt. Selbst im “Business-as-usual”-Szenario wird ein Preis von 65 Dollar bzw. 35 Dollar je Tonne unterstellt. Derzeit liegt der Preis für europäische CO2-Verschmutzungsrechte allerdings bei gerade einmal 25 Euro die Tonne. “Obwohl die Pandemie die CO2- Emissionen weltweit dramatisch reduziert hat, befindet sich die Welt weiterhin nicht auf einem Weg der Nachhaltigkeit”, sagte BP-Chef Bernard Looney. Doch lasse sich die Energiewende durch entschlossene Maßnahmen noch bewerkstelligen. Er wird diese Woche seine Pläne dazu vorstellen, wie BP als Unternehmen bis 2050 “Net Zero” erreichen will. Sein Auftritt soll den 20 Jahre alten Anspruch erneuern, dass BP für “Beyond Petroleum” stehe.Eine ebenfalls gestern vorgelegte Studie, die von der UBS beauftragt wurde, ist pessimistischer als die BP-Ökonomen. Sie geht davon aus, dass die Treibhausgasemissionen in den 12 Monaten bis Ende Juni 2021 weltweit um 2,0 % bis 2,5 % steigen werden. Die Grundlage der Schätzungen bilden die Prognosen des Internationalen Währungsfonds zum Wirtschaftswachstum und die Vorhersagen der Internationalen Energieagentur IEA. Demnach sinken die Emissionen in den zwei Jahren von Ende Juni 2019 bis Ende Juni 2021 um 2,4 % jährlich. Um “Net Zero” zu erreichen, müssten es aber 9 % weniger pro Jahr sein. “Mit anderen Worten: Selbst in der Zweijahresperiode, in der die Welt nie da gewesene Nachfragerückgänge verzeichnete, haben wir lediglich 25 % dessen erreicht, was nötig gewesen wäre, um im Plan für ,Net Zero` zu sein”, heißt es in der Studie. Zudem müsse man im Hinterkopf behalten, dass der Sollwert die Entwicklung großer CO2-Speichermöglichkeiten bis 2050 unterstelle. Davon sei aber bislang nicht viel zu sehen. Greenpeace forderte derweil, ab 2028 keine weiteren Pkw mit Diesel- oder Benzinmotor, also auch keine Hybride, mehr zuzulassen. Die dann noch verbleibenden Autos mit Verbrennungsmotor müssen bis zum Jahr 2040 von der Straße verbannt werden.Looney wird sich das “Business-as-usual”-Szenario seiner Volkswirte genau angesehen haben. Es unterstellt einen bis 2050 um ein Viertel wachsenden Energiehunger der Welt. Zwar fällt die Ölnachfrage wie erwähnt um ein Zehntel, doch steigt die Erdgasnachfrage um ein Drittel. Demnach hätte das Unternehmen eine Menge Zeit für den Umstieg auf erneuerbare Energien zu bewerkstelligen. Ihr Wachstum dürfte die Aktionäre überzeugen.