Patisserie Valerie kollabiert
hip London – Die Muttergesellschaft der Konditoreikette Patisserie Valerie hat KPMG als Insolvenzverwalter eingesetzt, nachdem Gespräche mit den Gläubigerbanken Barclays und HSBC über die Verlängerung einer Stillhaltevereinbarung ergebnislos verliefen. Die Gesellschaft verfüge nicht über die erforderlichen Mittel, fälligen Verbindlichkeiten nachzukommen, teilte Patisserie Holdings per Pflichtveröffentlichung mit. In 121 Filialen soll der Geschäftsbetrieb weitergehen, 70 Niederlassungen werden in den kommenden Tagen geschlossen. “Unsere Absicht ist, den Betrieb in den rentablen Läden fortzusetzen, denn die Marken haben eine starke Präsenz auf der High Street und erwiesen sich bei den Verbrauchern als sehr populär”, sagte Blair Nimmo, Head of Restructuring bei KPMG. Zugleich werde man sich auf die Suche nach einem Käufer für das Geschäft machen.Die erste Patisserie Valerie eröffnete 1926 in Soho ihre Pforten. Der Serienunternehmer Luke Johnson (Pizza Express) übernahm die Kette vor 13 Jahren und brachte sie 2014 an das Wachstumssegment AIM der Londoner Börse. Im Juni vergangenen Jahres wurde sie noch mit 511 Mill. Pfund bewertet. Zur Holding gehören auch die Marken Druckers Vienna Patisserie, Philpotts, Baker & Spice und Flour Power City.Im Oktober war bekannt geworden, dass in der Bilanz des einstigen Börsenlieblings ein schwarzes Loch klafft. Per Ende März 2018 hatte das Unternehmen noch liquide Mittel von 28,8 Mill. Pfund ausgewiesen. In Wirklichkeit wies die Firma eine Nettoverschuldung von 9,8 Mill. Pfund auf. Der ehemalige Finanzchef Chris Marsh wurde festgenommen, kam aber gegen Kaution wieder auf freien Fuß. Das Serious Fraud Office leitete eine Untersuchung gegen ihn ein. Debakel für Luke JohnsonJohnson bewahrte die Gesellschaft vor dem Untergang, indem er ihr einen zinsfreien Kredit von 10 Mill. Pfund und eine Brückenfinanzierung von 10 Mill. Pfund zur Verfügung stellte. Er beteiligte sich zudem an einer Notkapitalerhöhung, die auf Grundlage der damals bekannten Falschdarstellungen in der Bilanz erfolgte. Wie sich diesen Monat herausstellte, waren die falschen Darstellungen in den Abschlüssen jedoch weit umfangreicher. Es gab Tausende unrichtiger Einträge in den Büchern. Rentabilität und Cash-flow wurden in der Vergangenheit zu hoch angegeben. Johnsons Verlust aus dem Debakel wird auf 189 Mill. Pfund geschätzt. Der Financial Reporting Council will nun prüfen, wie das dem Wirtschaftsprüfer Grant Thornton, der die Bücher seit 2006 prüft, entgehen konnte.Am AIM (Alternative Investment Market) wurden im vergangenen Jahr 16 Gesellschaften wegen Zahlungsunfähigkeit vom Kurszettel gestrichen. 2017 waren es lediglich neun. Zu den bekannteren Firmen, die sich in die Insolvenz verabschiedeten, gehörten Conviviality, der die Marken “Bargain Booze” und “Wine Rack” gehörten, und die Metzgereikette Crawshaw Group aus Yorkshire.