Pensionslasten erdrücken US-Konzerne
Von Sebastian Schmid, New YorkWährend die Aktienkurse sich in den USA zu neuen Höhen aufgeschwungen haben, sind auch die Lücken in den Pensionsrückstellungen in schwindelerregende Höhen geschossen. Insgesamt sehen sich die US-Konzerne einer Unterdeckung ihrer Pensionverpflichtungen von mehr als 550 Mrd. Dollar ausgesetzt, berichtet der Finanzdienstleister Bloomberg. Dabei ist selbst diese Zahl mit Vorsicht zu genießen. Die Anpassungen der Rückstellungen zum Fair Value erfolgen stets zeitverzögert, sodass in den nächsten Monaten noch einige Überraschungen anstehen könnten. UPS etwa meldete im Februar eine frische 3 Mrd. Dollar schwere Belastung. Diese resultierte aus der Herabstufung der Bonität einiger Banken durch die Ratingagentur Moody’s im Sommer 2012, die wiederum eine Neuberechnung der Rückstellungen nach sich zog.Während die meisten US-Konzerne vor der Finanzkrise noch eine Überdeckung ihrer Pensionsverpflichtungen aufwiesen, hat sich dies mittlerweile in milliardenschwere Unterdeckungen gewandelt. So zeigte etwa der Autobauer Ford Ende 2007 noch knapp 3 % mehr Rückstellungen als Verbindlichkeiten. General Electric kam sogar auf knapp 40 % Überdeckung. Obwohl sich die Aktienkurse mittlerweile erholt haben und die Krise auch sonst weitgehend überwunden scheint, weisen beide Konzerne mittlerweile eine Unterdeckung im prozentual zweistelligen Bereich aus (siehe Grafik).Den Unternehmen bleibt deshalb kaum noch anderes übrig, als sich Geld zu leihen, das dann für die Pensionen angelegt wird. Die Bedingungen waren dafür selten günstiger. Das durchschnittliche Zinsniveau von US-Unternehmensanleihen befindet sich in der Nähe des historischen Tiefs von 3,5 %, nachdem es im Vorjahr noch gut ein Prozentpunkt mehr war. Ford hat deshalb gleich zu Jahresbeginn 2,9 Mrd. Dollar an Fremdkapital aufgenommen, um die Pensionslücke von fast 10 Mrd. Dollar per Ende 2012 wenigstens teilweise zu schließen. Auch andere Firmen wie Goodyear und Merck haben Fremdkapital aufgenommen.Die niedrigen Zinsen sind freilich auch Teil des Problems. In den vergangenen Jahren mussten die Abzinsungsraten immer weiter gesenkt werden, sodass die Pensionsverpflichtungen kletterten. Sollte die Wirtschaft nicht aus ihrem Tief kommen und sollten die Zinsen steigen, wächst das Problem weiter. Einer Erhebung der Bank of New York Mellon zufolge sind die Verpflichtungen aus den Pensionsplänen der US-Konzerne im Schnitt nicht einmal zu 81 % gedeckt. In Einzelfällen sieht es noch schlimmer aus. Boeing kommt nur auf etwas mehr als 75 %, bei GE sind es rund 70 %, und Lockheed Martin deckt ihre Verpflichtungen sogar nur zu zwei Dritteln ab.Jetzt günstig Kapital aufzunehmen sei eine aus der Not geborene Lösung für ein Problem, das erst durch die niedrigen Zinsen entstanden sei, erklärt Moody’s-Chefökonom John Lonski. “Jetzt bekämpft man quasi Feuer mit Feuer”, sagte er Bloomberg. Wer erst jetzt reagiert, ist allerdings etwas spät dran. Laut J.P. Morgan Asset Management ist die Pensionslücke der S & P 500-Firmen 2012 von 386 Mrd. auf 347 Mrd. Dollar zurückgegangen. Der Stand ist der zweitschwächste seit Beginn der Aufzeichnungen.