RECHT UND KAPITALMARKT

Personenhandelsgesellschaften sind keine Banken

Entwarnung durch das aktualisierte Merkblatt der Finanzaufsicht BaFin

Personenhandelsgesellschaften sind keine Banken

Von Peter Oser *)Unternehmen, die in der Rechtsform einer Personenhandelsgesellschaft organisiert sind, drohte bis vor kurzem erhebliches Ungemach für ihre klassischen Finanzierungsmöglichkeiten. Nun können sie erst einmal aufatmen, nach dem die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ihr Merkblatt “Hinweise zum Tatbestand des Einlagengeschäfts” jüngst aktualisiert hat. Dieses bislang weitgehend unbeachtete Merkblatt hatte anlässlich des Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 19. März 2013 (VI ZR 56/12 – “Winzergelder”) erhebliche Unruhe bei deutschen Personenhandelsgesellschaften, ihren Prüfern und Beratern ausgelöst.Wo lag das Problem? In der Fassung ihres Merkblattes vom August 2011 vertrat die BaFin die Auffassung, dass eine Personenhandelsgesellschaft – wie eine Bank – ein erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft im Sinne des § 1 Kreditwesengesetz (KW) betreibe, wenn sie von ihren Gesellschaftern Darlehen annehme, beispielsweise wenn die Gesellschafter Gewinne, die sie entnehmen könnten, bei ihr auf Darlehenskonten stehen lassen. “Unbedingt rückzahlbar”Im Detail: Einlagengeschäft im Sinne des § 1 KWG ist entweder die Annahme fremder Gelder als Einlagen oder die Annahme anderer unbedingt rückzahlbarer Gelder des Publikums. Der Betrieb des Einlagengeschäfts setzt eine Bankerlaubnis nach § 32 KWG voraus, wenn mehr als fünf Einzelanlagen im Wert von insgesamt mehr als 12 500 Euro oder – unabhängig von der Summe des Einlagenbestands – mehr als 25 Einzelanlagen bestehen.Unverständnis löste aus, dass die BaFin Darlehen von Gesellschaftern von Personenhandelsgesellschaften, über die diese frei verfügen können, als “unbedingt rückzahlbare Gelder” qualifizierte. Etwas anderes galt nach Ansicht der BaFin nur, wenn für die überlassenen Gelder bankübliche Sicherheiten bestellt wurden, beispielsweise eine Bürgschaft, oder ein Rangrücktritt (§ 39 Abs. 2 InsO) vereinbart wurde. Auch erachtete die BaFin bei den Gesellschaftern bisher das Tatbestandsmerkmal “Publikum” als erfüllt. In der KlemmeBei Überschreiten der Schwellenwerte hätten Personenhandelsgesellschaften für die von ihren Gesellschaftern überlassenen Darlehen mithin eine Bankerlaubnis benötigt, die sie als Nichtbanken indes nicht erhalten hätten. Folge dieser Krux wäre gewesen, entweder auf die klassische Finanzierung durch Gesellschafterdarlehen verzichten oder – durch Bestellung von Sicherheiten – spürbar höhere Finanzierungskosten tragen zu müssen. Vor diesem Hintergrund hätte die Praxis nicht selten den Weg beschreiten müssen, für die überlassenen Gelder einen Rangrücktritt zu vereinbaren.Nicht minder fatal war, dass sich die Geschäftsführer von Personenhandelsgesellschaften, die ohne bankübliche Sicherheiten oder Vereinbarung eines Rangrücktritts Darlehen von Gesellschaftern entgegen nahmen, mit Geld- oder gar Freiheitsstrafen konfrontiert sahen.Erfreulicherweise ist dieses Damoklesschwert, das über den Geschäftsführern von Personenhandelsgesellschaften schwebte, durch das aktualisierte Merkblatt der BaFin einstweilen gebannt: So hat die BaFin am 11. März 2014 nach Gesprächen mit dem Institut der Wirtschaftsprüfer ein aktualisiertes Merkblatt “Hinweise zum Tatbestand des Einlagengeschäfts” veröffentlicht. Darin bekundet sie zum einen, dass persönlich haftende Gesellschafter nicht als “Publikum” zu qualifizieren sind. Zum anderen führt sie aus, dass Personenhandelsgesellschaften kein erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft betreiben, wenn sie von ihren Gesellschaftern Darlehen entgegennehmen oder für diese Guthaben auf Privat- oder Verrechnungskonten unterhalten, die zum Beispiel aus stehengelassenen Gewinne gespeist werden. In beiden Fällen sei der Rückzahlungsanspruch des Gesellschafters nicht “unbedingt”. Dies folge aus dem gesellschaftsrechtlichen Grundsatz der Treuepflicht. Danach besteht für Gesellschafteransprüche eine Durchsetzungssperre, wenn ihre Geltendmachung die Gesellschaft in die Zahlungsunfähigkeit triebe. Etwas anderes gelte lediglich für Publikums-KGs. Trügerische RuheIndes könnte die Ruhe, die durch die Aktualisierung des Merkblatts der BaFin eingekehrt ist, trügen. So bedarf es keiner großen Prophetie, dass sich künftig Gesellschafter von Personenhandelsgesellschaften, die bei einer Insolvenz der Gesellschaft mit ihren Darlehen ausfallen, gestützt auf das “Winzergeld-Urteil” Schadensersatzansprüche gegen die Geschäftsführer der Personenhandelsgesellschaften erstreiten werden. Erst dann wird sich erweisen, ob die jüngste Auslegung der BaFin zum Tatbestand des Einlagengeschäfts auch vor den Augen der Justiz Bestand hat.Allgemein sollte das BGH-Urteil und das Merkblatt der BaFin für alle Formen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit sensibilisieren, die potenziell zu Konflikten mit dem Bankaufsichtsrecht führen könnten – auch dort, wo man sie auf den ersten Blick nicht vermuten würde.—-*) Prof. Dr. Peter Oser ist Partner der Ernst & Young GmbH in Stuttgart.