Pharma sucht neue Wege zur Impfstoffproduktion

Biontech zerstreut Befürchtungen über Lieferrückgänge - Gewerkschaft um neue Kooperationen bemüht

Pharma sucht neue Wege zur Impfstoffproduktion

swa Frankfurt – Die Pharmaindustrie arbeitet unter Hochdruck an der Erweiterung der Kapazitäten zur Produktion von Impfstoffen gegen Covid-19. Biontech, die gemeinsam mit dem US-Partner Pfizer als erste eine Zulassung in Europa erhalten hatte, bestätigt die für das erste Quartal in der EU zugesagten Mengen. Ende vergangene Woche hatte es für Irritationen gesorgt, als Pfizer ankündigte, es könne kurzfristig zur Einschränkung der Impfstofflieferungen in Europa kommen, um die Anlagen im belgischen Werk Puurs auf eine zukünftig größere Produktionsmenge einzurichten.Biontech bekräftigte daraufhin die Zusage für das erste Quartal. Beide Partner hätten einen Plan entwickelt, der es ermögliche, die Produktionskapazitäten in Europa zu erweitern und im zweiten Quartal deutlich mehr Dosen zu liefern. Um dies zu erreichen, seien unmittelbar bestimmte Modifikationen der Produktionsprozesse erforderlich. Im Werk in Puurs werde es deshalb vorübergehend zu einer Verringerung der Anzahl der ausgelieferten Dosen kommen. Vom 25. Januar an wolle man wieder zum ursprünglichen Zeitplan für die Lieferungen in die EU zurückkehren und vom 15. Februar an die Menge erhöhen. Das werde beide Firmen in die Lage versetzen, die volle zugesagte Menge an Impfstoffdosen im ersten Quartal und deutlich mehr im zweiten Quartal zu liefern. Pfizer und Biontech seien weiterhin bemüht, nicht nur ihre eigenen Produktionskapazitäten auszubauen, sondern auch weitere Zulieferer sowie Auftragshersteller einzubeziehen.Neue Erkenntnisse gibt es über die Transportmöglichkeit des Biontech-Vakzins. Der Coronavirus-Impfstoff Comirnaty kann nach Hinweisen von Biontech und Pfizer vom Wochenende nun auch in Impfspritzen transportiert werden. Das habe sich aus neuen Stabilitätsdaten ergeben. Die Impfteams müssten den Impfstoff bei Hausbesuchen somit nicht mehr zwingend erst vor Ort verdünnen und aufziehen. Allerdings muss das Produkt binnen sechs Stunden verabreicht werden, kann aber bei 2 bis 8 Grad transportiert werden, wobei Erschütterungen zu vermeiden seien. Der Impfstoff von Biontech gilt in der Logistik als aufwendig, weil eine längere Lagerung eine Kühlung von minus 70 Grad verlangt.Der Dax-Konzern Bayer erwägt in die Produktion von Corona-Impfstoffen einzusteigen. “Wir diskutieren mit Curevac und auch mit der Politik und den Behörden, was gemacht werden kann”, sagte Bayer-Chef Werner Baumann in einem Interview der “Welt am Sonntag”. “Mit unserem Produktionsnetzwerk in Deutschland und den USA sowie dem entsprechenden zeitlichen Vorlauf wären wir grundsätzlich in der Lage, Impfstoff in größeren Mengen zu produzieren. Dies prüfen wir gerade unter Hochdruck.” Bayer hatte kürzlich mit Curevac einen Kooperations- und Servicevertrag geschlossen. Das Vakzin des Tübinger Biotechunternehmens ist in der Endphase der klinischen Entwicklung.Die Gewerkschaft IG BCE schlägt eine Zusammenarbeit mit Chemieunternehmen zur Steigerung der Produktion von Corona-Impfstoffen vor. Dafür sollten diejenigen Firmen zusammengebracht werden, die in Deutschland über Kapazitäten verfügten, sagt Gewerkschaftschef Michael Vassiliadis. Man werde nicht aus jedem Chemiebetrieb einen Pharmahersteller machen können, “aber viele, viele Dinge sind dort von der Kompetenz und von den Bedingungen her machbar”.