Piloten machen Ryanair Ärger
Von Carsten Steevens, LondonWährend Ryanair-Chef Michael O’Leary mit neuen Überlegungen zur Verbesserung der Ertragslage Anleger bei Laune zu halten versucht, machen Piloten der größten Billigfluglinie Europas Ärger. Trat O’Leary unlängst mit dem Vorschlag in Erscheinung, die Zahl der Passagiere, die Gepäck aufgeben, von 20 % halbieren zu wollen, um Kerosinkosten zu reduzieren und die Abfertigung zu beschleunigen, geht nun die vom Billigflug-Marktführer nicht anerkannte neue Vereinigung Ryanair Pilot Group (RPG) mit veröffentlichten Bedenken angesichts der Sicherheitskultur in die Offensive. Der Aktienkurs der irischen Fluglinie fiel am Montag um 3,8 % auf 6,93 Euro.Brisant sind nicht allein die Ergebnisse einer RPG-Umfrage, die jetzt öffentlich wurden. Für Schlagzeilen sorgt auch der Umgang von Ryanair mit den Piloten und deren Interessenvertretung. Im Frühjahr hatte Ryanair durch ein von Chefpilot Ray Conway verfasstes internes Schreiben gewarnt, dass jedem Piloten, der eine von der RPG organisierte Petition unterzeichne, in der Sicherheitsbedenken geäußert werden, die Kündigung drohe. Ryanair-Chef O’Leary, der gewerkschaftliche Arbeit in dem Unternehmen ablehnt, erklärte bereits, die RPG existiere für ihn nicht. Es handle sich nicht um eine Ryanair-Pilotengruppe.Die RPG vertritt nach eigenen Angaben inzwischen gut die Hälfte aller Piloten, die für Ryanair arbeiten, allerdings in vielen Fällen bei vermittelnden Agenturen angestellt sind. Dies sorge für unsichere Arbeitsverhältnisse, die betroffenen Piloten müssten ohne soziale und finanzielle Sicherung auskommen, so RPG.Der Vorsitzende der Vereinigung, Evert van Zwol, erklärte jetzt, rund drei Viertel aller Ryanair-Piloten seien bei Agenturen angestellt, und fast alle würden auf Basis sogenannter Null-Stunden-Verträge beschäftigt, die keine geregelte Arbeit vorsehen. Zwol, selbst kein Ryanair-Pilot, sondern bis vor kurzem Präsident der niederländischen Flugpilotenvereinigung (VNV), betonte, er habe den “starken Verdacht”, dass die Praktiken von Ryanair die Flugsicherheit beeinträchtigen könnten. Allerdings fehlten bislang Beweise, weshalb RPG für eine Untersuchung durch die Regulierer eintrete. Die Ergebnisse der Umfrage verlangten schnelles Handeln.Von den Teilnehmern der Umfrage, für die angeblich mehr als 1 000 Flugkapitäne und erste Offiziere und damit gut ein Drittel der von Ryanair eingesetzten Piloten angesprochen wurden, sprachen sich 94 % für eine Untersuchung der Folgen der Beschäftigungspraktiken auf die Flugsicherheit aus. Ryanair verfüge nicht über eine “offene und transparente Sicherheitskultur”, meinten 89 %. Zwei Drittel verwiesen ferner auf Unbehagen, Bedenken über interne Kanäle vorzutragen. Ryanair hielt sich mit einem Kommentar zurück. Im jüngsten Geschäftsjahresbericht heißt es, dass in 29 Jahren Flugbetrieb weder Passagiere noch Crew-Mitglieder zu Schaden gekommen seien.—– Wertberichtigt Seite 6