Plötzlich fünftes Rad am Wagen

Von Sebastian Schmid, Frankfurt Börsen-Zeitung, 31.10.2019 Experten schätzen den angedachten Zusammenschluss der Groupe PSA mit Fiat Chrysler Automobiles (FCA) als Win-win-Situation ein. Beide brauchen einander angesichts der fehlenden Größe -...

Plötzlich fünftes Rad am Wagen

Von Sebastian Schmid, FrankfurtExperten schätzen den angedachten Zusammenschluss der Groupe PSA mit Fiat Chrysler Automobiles (FCA) als Win-win-Situation ein. Beide brauchen einander angesichts der fehlenden Größe – verglichen mit anderen Volumenherstellern wie Volkswagen, Toyota, General Motors oder Renault-Nissan. Zudem benötigt Fiat Chrysler dringend Technologie-Unterstützung. Insbesondere bei Elektroantrieben hat der italienisch-amerikanische Konzern nichts zu bieten und deshalb schon mit Tesla einen mehrere Hundert Millionen Euro schweren Deal eingetütet, der über ein Flotten-Pooling die Senkung der CO2-Emissionen ermöglichen sollte (vgl. BZ vom 9. April). Mit Peugeot kann nun eine nachhaltigere Lösung gefunden werden.Einen Verlierer dürfte der Deal aber doch haben. Die deutsche Tochter Opel, der bis zuletzt noch zentrale Bedeutung in den strategischen Überlegungen von PSA-Chef Carlos Tavares zukam, dürfte über Nacht in der Hackordnung nach unten durchgereicht werden. Zum einen, weil große Teile der Integration abgeschlossen sind: Personalabbau, Ausgliederung von Teilen der Entwicklungsmannschaft, Umstellung der Fahrzeugflotte von GM- auf Peugeotbasis – alles schon passiert. Auch die Marge ist schon weiter voran- gebracht worden als avisiert.Tavares dürfte seine mehr oder weniger ungeteilte Aufmerksamkeit daher der deutlich schwierigeren Integration des nach Absatz und Umsatz sogar größeren Wettbewerbers FCA schenken. In Europa dürfte damit künftig neben Peugeot, Citroën und Opel mit Fiat eine vierte Marke aus dem Volumensegment auf Peugeot-Plattformen aufsetzen. Der in den vergangenen Jahren ohnehin schon harte Wettbewerb um Modelle für die Werke und Entwicklungsaufträge im PSA-Konzern könnte dadurch nun weiter zunehmen – und Tavares beim Kostendrücken helfen.Die Aussichten haben die bislang kooperative Gewerkschaft IG Metall aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Diese erklärte, sie halte die geplanten Investitionen beim Autohersteller für zu gering. Die bisherigen Zusagen reichten nicht aus, um wie vereinbart die deutschen Standorte zu erhalten und die Beschäftigung zu sichern, erklärte der Chef des IG-Metall-Bezirks Mitte, Jörg Köhlinger, laut dpa-afx nach einem Treffen mit dem Opel-Management. Einem weiteren Personalabbau werde die Gewerkschaft nicht mehr zustimmen.Im Werk Eisenach fehle weiterhin ein zweites Modell, die geplante Schließung des Rüsselsheimer Teilelagers müsse zurückgenommen werden. Positiv anerkannt wird, dass das Stammwerk Rüsselsheim ab 2021 mit dem zusätzlichen Modell Astra im Zweischichtsystem ausgelastet werde. Das Unternehmen erklärte derweil, man halte sich an die Vereinbarungen des Zukunftstarifvertrages. So sei bereits mehr als die Hälfte der bis 2023 zugesagten Investitionen erfolgt beziehungsweise fest vereinbart. In unterausgelasteten Bereichen wie dem Teilelager suche man nach sozialverträglichen Lösungen.Dabei zeichnet sich ein Wettstreit der Gewerkschafter ab. Die italienische Metallarbeitergewerkschaft UILM forderte am Mittwoch, es dürften keine Stellen bei Fiat und Peugeot gestrichen werden. Irgendwo dürfte “Kostenkiller” Tavares allerdings zuschlagen wollen, sollte es zu dem Zusammenschluss kommen – und diesmal sitzt Opel nicht mehr mit am Verhandlungstisch.——Eben noch der neue Star im Team von Peugeot, droht Opel mit dem FCA-Deal das Abrutschen auf die Ersatzbank.——