Virtuelle Hauptversammlung

Positiver Widerhall in der Wirtschaft

Die Coronakrise hat den Aktiengesellschaften die virtuelle Hauptversammlung beschert. Das neue Format soll nun im Gesetz verankert werden.

Positiver Widerhall in der Wirtschaft

wf Berlin

Die Pläne der neuen Bundesregierung zur dauerhaften Option einer virtuellen Hauptversammlung im Aktienrecht stoßen in der Wirtschaft auf positiven Widerhall. „Der Referentenentwurf sieht keine uneingeschränkte Übertragung klassischer Aktionärsrechte von der physischen Präsenzversammlung in die Welt der Online-Versammlung vor“, sagte die Rechtsexpertin des Industrieverbands BDI, Kerstin Lappe, der Börsen-Zeitung. Darauf hatte der BDI bereits in einem Positionspapier aus dem vergangenen Sommer gedrungen. Mit Blick auf das digitale Format seien im Vergleich zur physischen Präsenzveranstaltung gewisse Anpassungen notwendig, hieß es dort.

Der Referentenentwurf aus dem Bundesjustizministerium ist nun an Länder und Verbände zur Stellungnahme versandt worden. Nach den Erfahrungen in der Corona-Pandemie mit virtuellen Hauptversammlungen will Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) das Format als dauerhafte Möglichkeit im Aktiengesetz neben der Präsenzversammlung festschreiben. Hybride Formate sind nicht vorgesehen. Entscheiden sollen über die neue Option die Aktionäre – durch Satzungsänderung, die eine virtuelle HV ermöglicht. Alternativ kann die Satzung den Vorstand dazu ermächtigen. Der Entwurf verlangt eine Reihe von Voraussetzungen: Die Vorlage des Vorstandsberichts ist spätestens sechs Tage vor der Versammlung zwingend. Die gesamte HV muss in Bild und Ton übertragen werden, die Stimmrechtsausübung der Aktionäre oder ihrer Bevollmächtigten auf elektronischem Weg möglich sein – wie auch Antragsstellung, Auskunftsrechte, Stellungnahme- und Widerspruchsmöglichkeit der Aktionäre. Den Aktionären muss Redemöglichkeit per Video eingeräumt werden. Diese Zwei-Wege-Kommunikation ist damit nur für Reden vorgesehen, heißt es im Entwurf. Die Ausübung des Stimmrechts oder die Einlegung von Widersprüchen sei per Mail oder über ein Aktionärsportal technisch möglich.

Das neue Zusammenspiel von Informations- und Entscheidungsprozessen mit der Ausübung von Rechten wertete Lappe positiv. „Der Tatsache, dass sich die für die Versammlung relevanten Informations- und Entscheidungsprozesse immer mehr in das Vorfeld der Hauptversammlung verlagern, trägt der Referentenentwurf Rechnung, in dem er künftig auch die Ausübung der Rechte zum Teil in das Vorfeld verlagert“, erklärte Lappe. Laut Entwurf können Gegenanträge zu Beschlussvorschlägen der Verwaltung nur noch vor, aber nicht mehr in der Versammlung gestellt werden – sofern die Gesellschaft ausdrücklich nichts Gegenteiliges zulässt. Beim Auskunftsrecht kann der Vorstand bestimmen, dass die Fragen spätestens vier Tage vor der Versammlung elektronisch eingereicht werden müssen. Ein Nachfragerecht in der Versammlung ist dem Entwurf zufolge jedoch zwingend vorgesehen.

Pech bei technischen Pannen

Der Entwurf legt zudem nahe, dass die virtuelle HV in der Praxis weiterentwickelt und an die klassische Präsenzversammlung angenähert werden kann. Die Ausübung von Rechten soll über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinaus möglich sein.

Risiken des Emittenten bei der virtuellen HV trägt der Referentenentwurf ebenfalls Rechnung: Technische Störungen bei der elektronischen Teilnahme, der Briefwahl oder der Stimmrechtsausübung sind nach der gesetzlichen Neuregelung kein Grund für eine Anfechtung.

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