Post kommt bei den Investoren an
Von Walther Becker, FrankfurtVon Protesten ist in Italien – noch – nichts zu hören: Rom erwägt im Kampf gegen die Schuldenkrise eine Teilprivatisierung der staatlichen Post. Entschieden ist bisher lediglich, dass über ein öffentliches Angebot privatisiert werden soll, wobei institutionellen Anlegern davon bis 60 % vorbehalten sein sollen. Die 145 000 Angestellten sollen ein paar Prozent erhalten, bis 40 % könnten für Retailkunden reserviert werden (vgl. BZ vom 11. Januar).Das tief in der Kreide stehende Land – für 2014 werden 132 % des Bruttoinlandsprodukts erwartet – würde mit der Teilprivatisierung den ebenfalls schuldengeplagten Portugiesen folgen, die im Dezember Anteile ihrer traditionsreichen, vor 494 Jahren gegründeten CTT-Correios de Portugal an die Börse gebracht hatten. Seit Oktober wird die 1635 gegründete britische Royal Mail am Aktienmarkt gehandelt – sie hatte ein starkes Debüt, wobei die Investoren ihren Schnitt auf Kosten der Steuerzahler machten. Auch in London gab es vor dem Börsengang erhebliche Proteste und später wegen des niedrigen Zuteilungspreises ein Nachspiel im Parlament. Angebot wächstWeitere Kandidaten in Europa zeichnen sich zunächst nicht ab. Als Frankreichs konservative Regierung vor nahezu vier Jahren Reformen bei La Poste einleitete, gingen Zehntausende Franzosen auf die Straße: “Stoppt den Virus der Privatisierungen” und “Rühr meine Post nicht an” lauteten die Parolen. Landesweite Proteste, Streiks und eine Volksbefragung sollten die Umwandlung der Behörde in eine Aktiengesellschaft in öffentlicher Hand verhindern.Drücken Frankreich Finanznöte, so steht die Schweiz deutlich besser da. In der Eidgenossenschaft ist die Post eine heilige Kuh – Proteste gibt es keine, weil sich niemand ernsthaft des Themas Postprivatisierung annimmt. Outsourcing gewisser Dienstleistungen ja, die spezialgesetzliche AG auch, aber die Privatisierung steht ebenso wenig auf der Agenda wie diejenige der Schweizerischen Bundesbahnen SBB.Damit sind in Europa nunmehr sechs Briefgesellschaften gelistet, mit dem Branchenschwergewicht Deutsche Post an der Spitze, die seit November 2000 notiert wird. Das zunehmende Angebot macht die Branche für Investoren attraktiver, wenngleich die ehemaligen Staatsmonopolisten nicht direkt vergleichbar sind. So spielt die Deutsche Post mit DHL in der internationalen Logistik in einer anderen Liga. Franzosen, Italiener und Schweizer wiederum haben eine starke Finanzdienstleistungssparte, von der sich der Dax-Konzern mit dem Verkauf der Postbank längst getrennt hat.Ein Neuling war 2013 auch die belgische Post, die der Finanzinvestor CVC im Juni am oberen Ende der Preisspanne platzierte. Die Koninklijke PTT Nederland (KPN) wurde schon 1994 an die Börse gebracht, der Postdienst firmierte seit 2002 als PTT Post und von 2006 an als TNT Post. Heute sind Post und Logistik wieder getrennt, die PostNL konzentriert sich aufs heimische Briefgeschäft. Sechs Jahre nach dem Bonner Dax-Konzern ging die Österreichische Post an den Kapitalmarkt.