Preiserhöhungen treiben Nestlé-Umsatz
Lebensmittelkonzern
Preiserhöhungen treiben Umsatz von Nestlé
Organisches Wachstum bei 9,3 Prozent – Lebensmittelkonzern hält verkaufte Menge stabil
md Frankfurt
Von Martin Dunzendorfer, Frankfurt
Nestlé hat mit den Umsätzen im ersten Quartal dieses Jahres und ihrem Zustandekommen positiv überrascht. Zum einen fiel das organische Wachstum des weltgrößten Lebensmittelkonzerns mit 9,3% deutlich höher aus, als im Markt erwartet worden war. Zum anderen blieb der negative Mengeneffekt, der sich aus einem Rückgang des Verkaufsvolumens ergibt, mit 0,5% weit unter dem Wert, den Analysten im Schnitt geschätzt hatten. Der leichte Rückgang des „internen Realwachstums“, wie Nestlé den Mengeneffekt bezeichnet, sei „durch Kapazitätsengpässe und Maßnahmen zur Portfoliooptimierung“ verursacht worden. Ob das tatsächlich der Grund war, darf angesichts der stark angehobenen Preise bezweifelt werden. Denn die Preiserhöhungen, die zusammen mit dem Mengeneffekt das organische Wachstum ergeben, wirkten den Angaben zufolge mit 9,8% positiv auf den Konzernerlös. Mark Schneider, CEO von Nestlé, erklärte: „Durch die Optimierung des Portfolios und verantwortungsvolle Preisanpassungen konnte der Druck der seit zwei Jahren andauernden Kosteninflation ausgeglichen werden.“
Das organische Wachstum in den Industrieländern betrug laut der Mitteilung 8,6%, in den aufstrebenden Märkten habe es bei 10,3% gelegen; hier sei sogar ein positiver Mengeneffekt aufgetreten.
„Lipstick-Effekt“ hilft
Konzernbeobachter waren sich zuletzt unsicher, ob die steigenden Preise nicht doch allmählich einen größeren negativen Einfluss auf den Absatz haben würden. Bislang scheint das aber nicht der Fall zu sein. Hintergrund könnte der sogenannte „Lipstick-Effekt“ sein. Viele Erhebungen zeigen zwar, dass Konsumenten aufgrund der hohen Inflation bzw. der gesunkenen Kaufkraft derzeit auf größere Anschaffungen verzichten oder diese zumindest verschieben. Anstelle dieser großen Ausgaben gönnen sich Verbraucher aber den kleinen Luxus – z.B. relativ kostspielige Kosmetika wie Lippenstifte, Spirituosen oder eben Nahrungsmittel von Nestlé, die deutlich teurer sind als vergleichbare Handelsmarken. In der Unternehmensmitteilung wurde das so formuliert: „Die Nachfrageelastizität und der Abwärtstrend bei der Konsumentenstimmung blieben im Zusammenhang mit den Preisanpassungen begrenzt.“
Gemäß der Mitteilung schmälerten Wechselkurseffekte den Konzernumsatz um 4,0%. Die Nettozukäufe hätten eine positive Wirkung von 0,3% gehabt, was hauptsächlich auf den Erwerb von Orgain zurückzuführen sei; der US-Hersteller pflanzlichen Proteinpulvers und trinkfertiger Bio-Protein-Shakes war mehrheitlich von Nestlé Health Science übernommen worden. So stieg der Gesamtumsatz nach Angaben von Nestlé im Jahresvergleich um 5,6% auf 23,47 Mrd. sfr (23,97 Mrd. Euro).
„Nach dem starken Jahresauftakt“, so Schneider, wurde der Ausblick für 2023 von Nestlé bestätigt: Das Management erwartet ein organisches Umsatzwachstum zwischen 6% und 8% und eine zugrunde liegende operative Ergebnismarge zwischen 17,0% und 17,5%. Beim zugrunde liegenden Gewinn je Aktie zu konstanten Wechselkursen wird ein Anstieg zwischen 6% und 10% erwartet.
Schneider nannte als Beispiel für das andauernde Portfoliomanagement die gerade vereinbarte Gründung eines Joint Ventures für das Tiefkühlpizza-Geschäft in Europa (vgl. BZ vom 22. April). Die neue Allianz mit der Beteiligungsgesellschaft PAI Partners „bietet die besten Voraussetzungen, um das volle Potenzial dieses Geschäfts auszuschöpfen“, sagte der CEO. Zuletzt sei mit Pizza-Marken wie Wagner und Buitoni ein Jahresumsatz von rund 400 Mrd. sfr erwirtschaftet worden, hatte Nestlé mitgeteilt.
Der E-Commerce-Umsatz wuchs den Angaben zufolge um 13,6% und erreichte damit 16,2% des Gesamtumsatzes der Gruppe. Nach Produktkategorien leistete die Heimtiermarke Purina den größten Beitrag zum organischen Wachstum. Jeweils um einen Wert im zweistelligen Bereich habe der Umsatz bei Süßwaren – etwa „Kitkat“ – und bei Säuglings- und Babynahrung zugelegt. Die Nestlé-Aktie tendierte in der Schweiz knapp 1% fester. Die Marktkapitalisierung liegt bei 316 Mrd. Euro.