"Premium besser als Masse"

Absatz deutscher Autohersteller sinkt im Coronajahr - China und E-Fahrzeug-Geschäft dämpfen Rückgang

"Premium besser als Masse"

Kurz vor Ablauf der Mehrwertsteuersenkung Ende des Jahres haben sich die Neuzulassungen im deutschen E-Auto-Markt im Dezember auf fast 83 000 versiebenfacht. Auch zum Teil bessere Absatzzahlen in China haben die Einbußen deutscher Hersteller bei den Auslieferungen im Coronajahr aber nur mildern können. ste/sck Hamburg/München – Ein vergleichsweise robustes Geschäft im weltgrößten Automarkt China sowie die spürbar steigende Nachfrage nach Fahrzeugen mit Elektroantrieben haben den Rückgang bei den Auslieferungen deutscher Hersteller im Coronakrisenjahr 2020 gedämpft. Dabei verbuchten die Volumenmarken ein größeres Minus als die Produzenten im Premiumsegment.So schrumpften die weltweiten Auslieferungen der Volkswagen-Kernmarke VW Pkw, die im Vorkrisenjahr 2019 mit 6,28 Millionen Fahrzeugen rund 57 % der Gesamtauslieferungen des VW-Konzerns von knapp 11 Millionen entsprochen hatten, im vergangenen Jahr um 15,1 % auf 5,33 Millionen Fahrzeuge. Wie die Wolfsburger mitteilten, betrug der Rückgang in China 9,9 % auf 2,85 Millionen Autos, während die Auslieferungen in der zweitwichtigsten Region Westeuropa um 23,4 % auf 1,15 Millionen Fahrzeuge absackten – inklusive eines Anstiegs um 19,5 % auf 139 300 im Dezember. Damit lag die Marke in Westeuropa leicht über dem Gesamtmarkt, der 2020 um 24,5 % auf 10,8 Millionen Autos zurückfiel – auf das niedrigste Niveau in diesem Jahrhundert, wie Ferdinand Dudenhöffer und Detlef Borscheid vom Car Center der Universität Duisburg-Essen anmerkten.Den Rückgang der Auslieferungen bei VW Pkw milderten 2020 auch die auf knapp 134 000 Autos verdreifachten Auslieferungen rein batteriebetriebener Fahrzeuge etwas ab. Vom ID.3, dem im September eingeführten ersten Fahrzeug der neuen ID-Reihe, seien bis Jahresende rund 56 500 ausgeliefert worden, davon 14 400 in Deutschland. VW bezeichnete den ID.3 als “echten Volltreffer”, der fast aus dem Stand in vielen Ländern die Spitze der Verkaufscharts erreicht habe. Rückruf für Golf 8Der Hersteller, der gestern auch bekanntgab, dass europaweit rund 56 000 Fahrzeuge der neuen Golf-8-Generation wegen Software-Problemen in die Werkstätten gerufen würden, war 2020 den Angaben zufolge in Deutschland und in den Niederlanden mit Anteilen von 23,8 bzw. 23 % Marktführer bei den reinen E-Autos. Mit dem elektrischen Kompakt-SUV ID.4, das weltweit eingeführt wird und das den 2020 auf 34,8 von 29,8 % gestiegenen SUV-Anteil an den gesamten Auslieferungen der Marke VW in diesem Jahr weiter erhöhen könnte, wollen die Wolfsburger zusammen mit dem 2020 ebenfalls deutlich forcierten Absatz von Plug-in-Hybriden ihren weltweiten Marktanteil 2021 steigern.Dass in der Pandemie “Premium besser als Masse” geht, wie Nord/LB-Analyst Frank Schwope konstatierte, belegte neben Renault (- 21,8 %) auch der tschechische Volumenhersteller Skoda. Die VW-Konzernmarke büßte bei den Auslieferungen 2020 infolge eines fünfwöchigen Produktionsstopps während der ersten Coronawelle im Frühjahr noch stärker als die Schwestermarke VW um 19,1 % auf gerade 1 Million Fahrzeuge ein. Demgegenüber verbuchten Audi und BMW im vergangenen Turnus Rückgänge von “nur” 8,3 % auf 1,69 Millionen bzw. 7,2 % auf 2,03 Millionen Fahrzeuge. Einschließlich der Marke Mini, deren Verkaufszahlen um 15,8 % sanken, betrug das Minus beim Dax-Konzern aus München 8,4 %. Beim Stuttgarter Konkurrent Daimler, der bereits in der vorigen Woche berichtet hatte, sanken die Auslieferungen im Pkw-Bereich um rund 10 %.Noch stärkere Rückgänge, die zwischenzeitlich befürchtet worden waren, wurden durch eine bessere Entwicklung in der zweiten Jahreshälfte vermieden. Für Rückenwind sorgte die sich von den Pandemiefolgen vergleichsweise rasch erholende Wirtschaft in China. In ihrem jeweils größten Einzelmarkt kamen BMW und Audi 2020 auf Steigerungsraten bei den Auslieferungen von 7,4 % auf 0,78 Millionen bzw. von 5,4 % auf den neuen Bestwert von 0,73 Millionen Fahrzeuge. Diesem Zuwachs standen in anderen Regionen deutliche Einbußen gegenüber, so in Europa um 15,7 % auf 0,91 Millionen (BMW) bzw. um 19,5 % auf 0,62 Millionen Fahrzeuge (Audi).Für eine Aufhellung der Jahresstatistiken sorgten auch die erhöhten Auslieferungen elektrifizierter Fahrzeuge. Vor allem getrieben durch Förderungen des Staates und der Hersteller, trugen diese bei BMW im Schlussquartal mit einem Plus von 55 % zu einem Anstieg der gesamten Absatzzahlen um 3,2 % auf 0,69 Millionen Fahrzeuge bei. Audi verwies als “mit Abstand größter Premiumhersteller von Elektrofahrzeugen unter den drei deutschen Premiummarken” darauf, dass die Nachfrage nach dem Audi E-Tron 2020 um 79,5 % auf gut 47 300 Fahrzeuge zugelegt habe. Beim Stuttgarter Sportwagenbauer Porsche trug der rein elektrische Taycan, von dem 2020 gut 20 000 Fahrzeuge ausgeliefert wurden, dazu bei, dass die gesamten Fahrzeugauslieferungen der VW-Marke lediglich um 3 % sanken. Die Aktien von BMW, Daimler und VW legten gestern zu. – Wertberichtigt Seite 6