Private Equity auf dem Sprung

Nach Aufholjagd im zweiten Halbjahr für 2018 einige große Deals in Deutschland in petto - Bewertungen so hoch wie vor Beginn der Krise

Private Equity auf dem Sprung

Auch 2018 wird es auf dem deutschen Beteiligungsmarkt viel Bewegung geben. Nach Milliardentransaktionen im zweiten Halbjahr stehen einige große Auktionen an. Und aus M & A von Konzernen fallen zudem Brocken für Private Equity ab.Von Walther Becker, FrankfurtDer deutsche Private-Equity-Markt geht auf einem hohen Niveau und mit ambitionierten Bewertungen und einigen großen Deals in der Pipeline ins neue Jahr. Angesichts der hohen Bewertungen geht es klar um einen Verkäufermarkt. In Buy-outs liegt der Kaufpreis mit mehr als dem 10-Fachen des Ebitda heute schon höher als vor Beginn der Krise, berichtet Rainer Langel, der Deutschlandchef der Investmentbank Macquarie. In Bezug auf die Verschuldung seien die Multiples heute mit im Schnitt 5,1 aber niedriger als damals mit 6,1. Und auch die Kapitalstruktur sei gesünder: Während in LBOs 2007 der Eigenkapitalanteil in Europa bei 34 % gelegen habe, seien es heute 45 %.Nach einer schwachen ersten Jahreshälfte zogen die Aktivitäten 2017 in der zweiten deutlich an. Finanzinvestoren führten laut einer Zählung der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY 210 Transaktionen durch – so viele wie noch nie. Vor allem dank einiger Megadeals kletterte das Volumen seit Juli im Vergleich zu den ersten sechs Monaten um fast das Dreifache auf 13,8 Mrd. Euro. Unterm Strich liege der Transaktionswert für 2017 damit bei 19,1 Mrd. Euro und markiert das zweithöchste Niveau in Deutschland seit dem Vorkrisenjahr 2007. Damals hatten Finanzinvestoren hierzulande für 30,2 Mrd. Euro akquiriert. Lediglich 2016 lag das Volumen mit 20,8 Mrd. Euro knapp 10 % höher als diesmal. Für Schub sorgten zuletzt vier Transaktionen mit einer Bewertung von jeweils über 1 Mrd. Euro. Alleine diese vier Megadeals kamen auf zusammen 10,1 Mrd. Euro. EY bezieht darin auch Infrastruktur-Deals ein wie den Erwerb eines Anteils am Windpark Borkum Riffgrund 2 durch Global Infrastructure Partners für knapp 1,2 Mrd. Euro.Während der Transaktionswert von Verkäufen deutscher Unternehmensbeteiligungen im ersten Halbjahr noch hinterherhinkte, stieg er in der zweiten Hälfte wieder deutlich. Mit 12,4 Mrd. Euro lagen die Exits auf dem höchsten Niveau seit 2013. Nicht eingerechnet sind dabei die Aktienabverkäufe von Finanzinvestoren über inzwischen börsennotierte Unternehmen; dazu zählen etwa drei Platzierungen bei Scout24 mit zusammen an die 1 Mrd. Euro oder die Börsengänge von Befesa (Triton) oder Jost-Werke (Cinven). Fragezeichen nach StadaEin den Markt prägendes Ereignis ist dieses Jahr vor allem der Bieterkampf um den Pharmahersteller Stada: Der Verkaufsprozess wurde von zuvor unbekannten Aktivisten angestoßen, dann wagten sich konkurrierende Finanzinvestoren-Konsortien erstmals an ein börsennotiertes Unternehmen heran, das zu 100 % in Streubesitz ist. Hedgefonds mischten sich ins Spiel ein, nutzten die Besonderheiten des deutschen Übernahmerechts mit Minderheitenschutz für sich und spekulierten zunächst gegen die Mindestschwelle und dann auf eine höhere und verzinsliche Abfindung. Trotz der Erfahrung, dass solche Deals kaum mehr zu kalkulieren sind, schätzt Heiko Mittelhamm, Leiter M & A von Barclays in Deutschland und Österreich: “Es wird vermutlich weitere Übernahmen durch Private Equity von börsennotierten Unternehmen geben – der Anlagedruck und das Ringen um attraktive Ziele ist bei den Private-Equity-Fonds groß.”Ein großer Deal, der den größten Exit 2017 zum Vorbild hat, zeichnet sich ab: Nachdem der Energieverbrauchsableser Ista 2017 für 5,6 Mrd. Euro nach Hongkong verkauft wurde, dürfte Macquarie 2018 den Rivalen Techem nach zehn Jahren Haltezeit an den Markt bringen. Gerechnet wird hier mit einer Bewertung inklusive Schulden von etwa 5 Mrd. Euro; Macquarie selbst, Deutsche Bank und J.P. Morgan sind dran. 3i könnte den Fährenbetreiber Scandlines mit einem operativen Ergebnis von zuletzt 172 Mill. Euro bringen; Merck steht vor dem Verkauf des OTC-Geschäfts, für das auch Bain und Cinven, die neuen Herrn im Hause Stada, Interesse zeigen. Als Bewertung werden ebenfalls bis 5 Mrd. Euro gehandelt. ProSiebenSat.1 hat Trennungsabsichten für die Digitalsparte, für die auf 1,3 Mrd. Euro spekuliert wird. Auch LTS und Dermapharm mit Bewertungen von 1,2 Mrd. bzw. über 1,3 Mrd. Euro werden in Finanzkreisen als Kandidaten genannt. Ein Exit von Blackstone aus Leica Camera wäre dagegen mit geschätzten 700 Mill. Euro eine Nummer kleiner. Dagegen stockt der Prozess bei der Grüne-Punkt-Firma DSD. Weitere mehr als 50 laufen in einem mehr oder wenigen frühen Stadium oder sind nach Einschätzung von Marktbeobachtern ins Auge gefasst. Ungewiss ist derzeit, was aus den großen M-&-A-Brocken Bayer/Monsanto und Praxair/Linde für Finanzinvestoren abfällt. Klar ist, dass die von der Citi betreute Aktion für die HSH Nordbank Anfang 2018 zu Ende gehen soll.An Börsengängen aus Portfolios stehen an der Werbesender HSE24 (Providence), für den Dual Track, also Börse oder Verkauf, der Ausstieg sondiert wird sowie Springer Nature von BC Partners und Holtzbrinck, wobei hier ein IPO präferiert wird. BC Partners steht 2107 für den zweitgrößten Deal: den Kauf von Ceramtec von Cinven für 2,6 Mrd. Euro. 1,1 Mrd. Euro für AltersheimeEin wichtiger Faktor sind nach wie vor Secondary Buy-outs, also Verkäufe an andere Finanzinvestoren. Einer der größten Deals ist dieses Jahr der Altenheimbetreiber Alloheim gewesen. Verkäufer Carlyle und Erwerber Nordic Capital wollten den Deal unter der Decke halten. Dabei ging es Anfang Dezember in dem von J.P. Morgan und Goldman Sachs betrauten Deal um 1,1 Mrd. Euro, was dem 12,5-Fachen des operativen Ergebnisses (Ebitda) entspricht. Insgesamt hat EY dieses Jahr mit 52 Secondaries so viele wie noch nie gezählt.Alexander Kron, Leiter Transaction Advisory von EY im deutschsprachigen Raum, meint, “die Zahl wirklich attraktiver Transaktionsziele ist begrenzt, weswegen wir teilweise hohe Preise im Markt sehen”. 2018 könne ein Rekordjahr werden. Zunehmend gehen die Fonds komplexere Strukturen ein oder setzen auch auf Joint Ventures und Minderheiten.