Private Equity rutscht in die Schuldenfalle
Private Equity rutscht in die Schuldenfalle
Ratingagenturen Moody’s und S&P: Bei hoch verschuldeten Unternehmen im Besitz von Finanzinvestoren drohen bald mehr Kreditausfälle
Vonn Christoph Ruhkamp, Frankfurt
Private Equity rutscht in die Schuldenkrise. Das zeigen die Daten der Ratingagenturen Standard & Poor‘s und Moody‘s. Hoch verschuldete Unternehmen im Besitz von Private-Equity-Firmen haben zunehmend Schwierigkeiten, die gestiegenen Zinsen zu bezahlen – zumal sie meist schlechte Bonitätsnoten haben: „Von den Unternehmen mit einem Rating von B1 und darunter befinden sich rund 70% in den USA und rund 60% in Europa im Besitz von Private-Equity-Firmen“, sagte Jeanine Arnold, Associate Managing Director bei Moody‘s in Paris, der Börsen-Zeitung. Erschwerend hinzu kommt für viele Firmen: Die Beteiligungsgesellschaften erzielen ihre Renditen oft durch umfangreiche Entnahmen von Dividenden aus ihren Portfoliofirmen, was deren Verschuldung erhöht.
Mehr Debt-to-Equity-Swaps
In Deutschland wechselten in den vergangenen Monaten wegen der Überschuldung und dem Ausbleiben von Zinszahlungen bereits der Druckereizulieferer Flint Group, der Pflegeheimbetreiber Emvia Living, der Aufzugsteilehersteller Wittur und der Modediscounter Takko Fashion von den Eigentümern – darunter Goldman Sachs, Bain Capital und Apax - in den Besitz der Private-Credit-Gläubiger, darunter Ardian, KKR und Silver Point Capital.
Nach der langen Periode niedriger Zinsen, die die Nachfrage nach fremdfinanzierten Übernahmen (Leveraged Buyouts, LBOs)angekurbelt hat, sehen sich zahlreiche Unternehmen in Europa mit einer hohen finanziellen Verschuldung unter schwierigeren Markt- und Wirtschaftsbedingungen konfrontiert. „So sind etwa 70% der Unternehmen in Europa mit B2 und niedriger eingestuft, was den höchsten Stand seit mehr als zehn Jahren darstellt“, fasst Moody‘s-Analystin Arnold die Lage zusammen.
Zwei Drittel Leveraged Buyouts
„Bei etwa zwei Dritteln dieser Unternehmen handelt es sich um LBOs, die in der Regel einen hohen Verschuldungsgrad, eine schwache Zinsdeckung und einen niedrigen oder negativen freien Cashflow aufweisen.“ Steigende Zinssätze in Verbindung mit schwächeren Erträgen, Marktvolatilität und geringerer Marktliquidität hätten die Kreditqualität bei einigen bereits beeinträchtigt.
In Europa erreichte der Anteil der mit B3 negativ und schlechter bewerteten Unternehmen im März 2023 15% und lag damit über dem langfristigen Durchschnitt. „Gleichzeitig wird bei rund 20% der gerateten Unternehmen in Europa, die sich im Besitz von Finanzinvestoren befinden, der größte Teil ihrer Schulden zwischen 2023 und 2025 fällig“, sagte Arnold. „Etwa 80% dieser Unternehmen haben ein Rating von B3 oder niedriger.“ Insofern ist 2024 mit einer Welle von Kreditausfällen zu rechnen.
Auch die Bonitätswächter von Standard & Poor‘s beobachten vermehrt Defaults bei Unternehmen in der Hand von Private-Equity-Firmen. „Bei Debt-to-Equity-Swaps werden die Kreditgeber widerwillig zu Eigentümern“, sagte Patrick Janssen, Director Leveraged Finance bei S&P in Frankfurt, der Börsen-Zeitung. „Wir stufen das als einen Kreditausfall ein.“ Denn die Rendite und der Wert des Eigenkapitals sei unsicher und nicht mit der vorhersehbaren Verzinsung von Anleihen vergleichbar.
Die Verschuldung sinkt meist, wenn der Gläubiger unfreiwillig zum Eigentümer wird, und die Laufzeiten werden oft neu sortiert. „Meist ist das Rating nach einem Debt-to-Equity-Swap höher als kurz davor“, so Janssen. „In einigen Fällen stellen die Gläubiger auch neue Kredite, meist mit einer höheren Verzinsung, als Liquiditätsunterstützung zur Verfügung.“ Die neuen Eigentümer könnten dazu beitragen das Vertrauen am Kapitalmarkt in das Schuldnerunternehmen wieder herstellen.
Defaults oft hausgemacht
Bei mehr als einem Drittel der Unternehmen mit Ausfällen im Jahr 2022 waren die Gründe für den Default hausgemacht und beruhten nicht auf einer sektoralen oder konjunkturellen Entwicklung. „Wir erwarten einen ansteigenden Trend bei Debt-to-Equity-Swaps“, sagte Janssen. „Im laufenden Jahr war es schon war es schon bei Takko Fashion, Wittur und Flint Group der Fall.“ Inzwischen trübe sich die Wirtschaftslage ein.
Im spekulativen Bereich unterhalb von „BBB-“ sind 9% der Unternehmen mit einer Bonitätsnote von CCC oder schlechter geratet – also mit einer „nicht nachhaltigen Kapitalstruktur“. „Vor der Pandemie lag diese Quote noch bei nur 6%“, erklärt Janssen. „Deshalb rechnen wir mit einem Anstieg der Ausfallrate im spekulativen Bereich in einem Zeitraum von zwölf Monaten von 3,05% Mitte 2023 auf 3,75% Mitte 2024.“ Das sei zwar mehr als bisher – aber immer noch deutlich weniger als 2020 zu Beginn der Pandemie oder 2009 in der Finanzkrise.
Das wären in Europa 28 Unternehmen. In Deutschland sind von zehn Unternehmen mit einem Rating von „CCC “ nur drei mit einem erhöhten Ausfallrisiko innerhalb der nächsten zwölf Monate: Wittur, Arvoz und Tele Columbus. Die höchsten Schuldenberge im schlecht gerateten Bereich von „B-“ und darunter gibt es bei Adler Group (3,8 Mrd. Euro), bei der Parfümeriekette Douglas aus dem Portfolio des Finanzinvestors CVC (2,7 Mrd. Euro) und bei Klöckner Pentaplast im Besitz von Strategic Value Partners (2 Mrd. Euro).
Bei gestiegenen Zinsen geraten hoch verschuldete deutsche Firmen häufiger ins Straucheln. Oft sind sie im Besitz von Private Equity. Die höchsten Schuldenberge im schlecht gerateten Bereich von "B-" gibt es laut S&P bei Adler Group, Douglas (CVC) und Klöckner Pentaplast (SVP).