Private Equity soll M&A-Flaute beenden
Private Equity soll M&A-Flaute beenden
J.P. Morgan beobachtet "viele Mandate" – M&A-Deutschlandchef Bladt: Finanzinvestoren stehen unter enormem Anlagedruck
Von Christoph Ruhkamp, Frankfurt
Das globale Volumen der Fusionen und Übernahmen ist im laufenden Jahr bis dato um 34% gegenüber dem Vorjahreszeitraum eingebrochen. Nach den ersten neun Monaten (Stand: Mitte September) liegt das Volumen auf dem deutschen M&A-Markt mit 53 Mrd. Dollar noch um die Hälfte unter dem Volumen des gesamten Vorjahres, obwohl schon drei Viertel des Jahres verstrichen sind. Das geht aus Zahlen hervor, die die Investmentbank Morgan Stanley zusammengetragen hat. „Vor allem die großen Transaktionen fehlen. Auch die Anzahl der Deals ist zurückgegangen“, sagt Jens Maurer, Co-Head of Investment Banking bei Morgan Stanley in Deutschland.
Ziellinie schwer zu erreichen
Investmentbanker wittern jedoch ein baldiges Ende der M&A-Flaute bei den großen Transaktionen. „Das Aktivitätslevel ist sehr, sehr hoch“, sagte Sebastian Bladt, der Deutschlandchef für M&A bei J.P. Morgan, der Börsen-Zeitung. „Zurzeit werden viele Mandate zur Vergabe ausgeschrieben.“ Allerdings sei es im Jahr 2023 bis dato auch schwieriger geworden, Transaktionen erfolgreich über die Ziellinie zu bringen.
Die größten Transaktionen im dritten Quartal schafften es in den „League Tables“ nur auf die Plätze sechs bis acht: der 2,8 Mrd. Dollar schwere Verkauf des Essener Energiekonzerns Steag an den spanischen Finanzinvestor Asterion sowie die französische Biotechfirma Polyplus, die für 2,6 Mrd. Dollar an den Medizintechnikkonzern Sartorius geht, und die Software AG, die sich für 2,5 Mrd. Dollar der Finanzinvestor Silver Lake schnappte.
Trotz der gestiegenen Zinsen für Anleihen und Kredite ist M&A finanzierbar: „Der Markt für Investment-Grade-Finanzierungen ist nach wie vor in Takt und auch der Markt für größere Leveraged-Buy-out-Finanzierungen ist deutlich konstruktiver als im letzten Jahr“, konstatiert J.P.-Morgan-Banker Bladt. Für riesige Deals reicht es aber nicht: „Grundsätzlich sehen wir verstärkte Aktivität im Größenbereich von 1 Mrd. bis 2 Mrd. Euro für M&A Transaktionen.“ Die Ausnahme davon: Für 12 Mrd. Euro verkaufte die Familie Viessmann die dominierende Heiztechnik-Sparte ihrer gleichnamigen Firma an den US-Konzern Carrier Global.
2023 sei bis dato mehr ein Käufermarkt. „Viele Verkäufer üben sich noch in Zurückhaltung, da die Bewertungsniveaus des 2021-Boomjahres noch nicht wieder erreicht sind“, sagt Bladt. „Hinzu kommt ein komplexer gewordenes regulatorisches Umfeld, insbesondere für Cross-Border-Deals in Industrien, welche als kritische Infrastruktur klassifiziert sind.“ Hierdurch habe sich die Zeit zwischen Veröffentlichung und Vollzug einer Transaktion im Schnitt erhöht und auch das sogenannte Closing Risk sei größer geworden.
Dies spielt Finanzinvestoren in die Karten, welche in der Regel eine hohe Transaktionssicherheit und einen schnellen Vollzug der Transaktion anbieten können. „Der Anlagedruck für Finanzinvestoren ist enorm groß aufgrund einer geschätzten Dry-Powder-Zahl von mehr als 2 Bill. Dollar weltweit“, erklärt Bladt. Am stärksten ist der Druck des noch nicht investierten Kapitals bei Clayton Dubilier & Rice (44,6 Mrd. Dollar) sowie KKR (40,4 Mrd. Dollar) und Apollo (40,1 Mrd. Dollar).
„Aufgrund der niedrigeren Anzahl von Auktionen im derzeitigen Markt, erfolgt zumeist ein proaktives Anklopfen durch Kaufinteressenten. Aber wir beobachten in den letzten Monaten auch wieder zunehmende Exit-Überlegungen durch Finanzinvestoren“, sagte Bladt. Meist zögen diese einen kompletten Verkauf einem Teil-Börsengang vor. Zum Verkauf stehen unter anderem der Medikamentenhersteller Stada, der Bain und Cinven gehört, sowie der Heizungsablesekonzern Techem, der der Schweizer Partners Group gehört.
„Private Equity wird zum Jahresende hin maßgeblich zur Belebung des M&A-Marktes beitragen, vor allem im Mid-Cap-Bereich und in krisenresistenten Sektoren“, sagt Christoph Thiermann, Partner der Kanzlei Noerr. „Die Finanzierung von Übernahmen bleibt eine Herausforderung und ist teurer als noch vor der Krise, inzwischen sind jedoch zumindest Debt-Fonds und Banken-Konsortien in zunehmendem Umfang bereit, Fremdfinanzierung für Transaktionen zur Verfügung zu stellen.“ Zwar nutze Private Equity seit einiger Zeit Continuation Funds als Exit-Option, diese böten allerdings nur in bestimmten Szenarien eine echte Alternative zum Exit auf dem M&A-Markt. Ein Ende der Flaute erwartet auch die Bank of America. „Natürlich gibt es immer noch erhebliche gesamtwirtschaftliche Unsicherheiten, aber wir sehen trotzdem eine steigende Konfidenz bei Käufern“, sagt Deutschlandchef Armin von Falkenheyn.
Investmentbanker erhoffen von Private-Equity-Deals das Ende der M&A-Flaute. "Der Anlagedruck für Finanzinvestoren ist enorm groß aufgrund einer geschätzten Dry Powder Zahl von mehr als 2 Bill. Dollar weltweit", sagte Sebastian Bladt, der M&A-Deutschlandchef von J.P. Morgan, der Börsen-Zeitung.