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Private Equity wächst zur neuen Finanzmacht heran

Von Christoph Ruhkamp, Frankfurt Börsen-Zeitung, 6.2.2020 Am Anfang waren Private-Equity-Fonds nur für Investments in Ramschanleihen und für überwiegend schuldenfinanzierte Unternehmenskäufe bekannt. Inzwischen haben sie sich zur veritablen...

Private Equity wächst zur neuen Finanzmacht heran

Von Christoph Ruhkamp, FrankfurtAm Anfang waren Private-Equity-Fonds nur für Investments in Ramschanleihen und für überwiegend schuldenfinanzierte Unternehmenskäufe bekannt. Inzwischen haben sie sich zur veritablen Finanzmacht gemausert. Beteiligungsgesellschaften machen den Börseninvestoren zunehmend ihre Rolle als wichtigster Verteiler von Risikokapital streitig. Große KapitalverteilerMehr als 4 Bill. Dollar an Vermögen verwalten Blackstone, Carlyle & Co. Feste Kapitalzusagen von 1,5 Bill. Dollar für neue Investments stehen ihnen derzeit zur Verfügung. Manche einzelnen Fonds sind riesig: Im Jahr 2017 sammelte Apollo 25 Mrd. Dollar für einen Buy-out-Fonds. Im Jahr 2019 brachte es Blackstone auf 26 Mrd. Dollar für einen einzigen Fonds. Die Gelder der großen Investoren fließen den Fonds nahezu mühelos zu, weil institutionelle Anleger in Zeiten des Nullzins verzweifelt nach Rendite in Nischen suchen.Nur ist die Private-Equity-Branche längst keine Nische mehr. Der Wettbewerb bei Unternehmenskäufen nimmt zu. Die Renditen, die bisher in der Größenordnung von 20 % versprochen werden, kommen unter Druck. Gleich mehrere große Konsortien von Finanzinvestoren bewerben sich derzeit um den Kauf der 17 Mrd. Euro schweren Aufzugssparte von Thyssenkrupp. Noch im Februar könnte es zu einem Abschluss kommen; Insidern zufolge sind noch drei Konsortien aus Finanzinvestoren im Rennen, darunter ein Bündnis der Beteiligungsfirmen Cinven und Advent mit dem milliardenschweren Industrie-Investor RAG-Stiftung. Ein weiteres Konsortium umfasst Blackstone und Carlyle. Außerdem bietet der finnische Thyssenkrupp-Konkurrent Kone im Bunde mit CVC.Beraten wird der Thyssenkrupp-Aufsichtsrat bei den anstehenden Entscheidungen von Macquarie. Es könnte die größte Übernahme in der europäischen Private-Equity-Branche seit 13 Jahren werden. Insidern zufolge wird nach drei Kriterien entschieden, wer den Zuschlag erhält: Transaktionssicherheit, Wertmaximierung und Arbeitsplatzsicherheit in der Aufzugssparte, die 50 000 Beschäftigte hat.Neuerdings stemmen die Private-Equity-Fonds immer öfter solche Riesenübernahmen, sie lenken gewaltige Finanzströme. Sie holen börsennotierte Unternehmen von der Börse, sie finanzieren Wachstumsinvestitionen, ermöglichen Firmen die Internationalisierung, fügen Unternehmen durch die Übernahme von Wettbewerbern zu größeren Einheiten zusammen oder treiben die Digitalisierung voran. Sie organisieren die Weiterführung von Unternehmen, wenn die Gründergeneration ausscheidet – ein nicht zuletzt in Deutschland bedeutendes Thema im Mittelstand.Ihre Geschäftsmodelle haben die Private-Equity-Fonds deutlich ausdifferenziert. Macquarie beispielsweise ist als Infrastrukturinvestor bekannt. Triton kauft vor allem Industrieunternehmen mit zyklischen Geschäften, während die meisten anderen Fonds genau diese Geschäftsfelder eher meiden und stattdessen auf Software, Healthcare oder E-Commerce setzen. Public to PrivateNeben der Beteiligung an börsennotierten Unternehmen, die auch Private-Equity-Fonds manchmal durchführen, kommt es immer wieder zum Public-to-Private-Deal – zur Übernahme mit folgendem Delisting. Der jüngste Deal dieser Art in Deutschland – nach Springer und Osram – könnte die Übernahme der bisherigen VW-Tochter Renk AG durch Triton werden. Der Fonds hat bereits 76 % der Anteile und bereitet eine Übernahmeofferte vor.Alles in allem gibt es viel zu feiern für die stark gewachsene Private-Equity-Branche. Dennoch ist der bisherige Erfolg vielleicht nur ein Vorgeschmack darauf, was die nächsten zehn Jahre bringen könnten, wenn die Nullzinsphase mit billigem Geld anhalten sollte und Großinvestoren weiter so verzweifelt nach Rendite suchen. Private Equity hält derzeit weniger als 5 % der gesamten Assets under Management weltweit und weniger als 2 % des gesamten investierbaren Kapitals, wie BCG (Boston Consulting Group) errechnet hat. Es bleibt also noch viel Raum, weiter zu wachsen.