IM GESPRÄCH: MICHAEL HENN UND OLIVIER BASTIN

Projektentwickler startet in Deutschland durch

Belgische Immobel zielt auf Büros, Wohnen, Hotels und gemischte Nutzungen

Projektentwickler startet in Deutschland durch

Von Thomas List, FrankfurtDer belgische börsennotierte Projektentwickler Immobel will jetzt auch in Deutschland groß ins Geschäft einsteigen. Dazu wurde Anfang Oktober Michael Henn zum CEO von Immobel Deutschland berufen. “Wir möchten den Markt langfristig mitgestalten und haben uns für die nächsten Jahre ambitionierte Ziele gesteckt, aber nun gilt es erst einmal ein schlagkräftiges Team aufzubauen”, sagte Henn im Gespräch der Börsen-Zeitung. Am Standort Köln geht er mit vier bis fünf Mitarbeitern an den Start und will in den kommenden ein bis zwei Jahren bis zu zehn weitere einstellen. Immobel hat heute insgesamt knapp 200 Mitarbeiter.”Wir entwickeln aktuell Projekte mit einer Fläche von rund 1 Mill. Quadratmetern”, sagt Olivier Bastin, CEO Immobel Luxemburg und verantwortlich für die Expansion von Immobel in Deutschland. “Der Verkaufswert dieser Projektentwicklungen liegt bei mehr als 4,4 Mrd. Euro.” Das Unternehmen hat bisher in erster Linie Wohnobjekte realisiert (75 %). Der Rest entfällt auf Büros, Hotels und etwas Einzelhandel. Ein Schwerpunkt ist die Stadterneuerung.In Deutschland wolle Immobel ihren Fokus auf die Assetklassen Büro, Wohnen, Hotel, Mixed-Use und Quartiersentwicklung in den Top-7-Städten, aber auch ausgewählten B- und C-Städten in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern legen, so Bastin weiter. Ein entsprechendes Netzwerk zur Gewinnung solcher Projekte sei vorhanden, gibt sich Henn optimistisch. Der 42-Jährige verfügt über einschlägige Branchenerfahrung. Zuletzt war er bei der Gerchgroup, einem der größten deutschen Projektentwickler, für das operative Transaktionsgeschäft verantwortlich und akquirierte in den vergangenen drei Jahren den Angaben zufolge ein Projektentwicklungsvolumen von mehreren Milliarden Euro. Dazu gehörten das ehemalige Polizeipräsidium Frankfurt, die alten Deutz-Werke in Köln und das Areal der Holsten-Brauerei in Hamburg. Kunden der Immobel-Gruppe sind institutionelle Investoren, in Deutschland zum Beispiel seit vielen Jahren Union Invest, Real I.S. und Meag (Munich Re). Erstes Projekt hierzulande ist der Eden Tower, ein 98 Meter hoher Wohnturm auf dem früheren Telenorma-Gelände in Frankfurt, den Immobel Anfang 2019 mehrheitlich von GSP Städtebau erworben hat. Der bereits begonnene Bau wird von Luxemburg und Brüssel gemanagt und von einem lokalen Team aus Projektmanagern und Architekten betreut. Der Eden Tower soll Ende 2021 fertig sein.Als besonderen Wettbewerbsvorteil sieht Henn die große Eigenkapitalstärke der Belgier. “Bei einer Marktkapitalisierung von etwa 600 Mill. Euro und einem Leverage von etwa 50 % verfügen wir über rund 340 Mill. Euro Eigenkapital”, sagt Bastin. “Etwa 170 Mill. Euro sind Cash. Dadurch können wir am Markt sehr schnell handeln, sprich abschließen und uns danach in Ruhe um die Finanzierung kümmern.” Auch Henn betont, Immobel könne schnell Zusagen abgeben. “Die Transaktions- und Dealsicherheit ist eines unserer zentralen Assets, aber auch unser Konzept.” Man biete in der Projektentwicklung alles aus einer Hand – vom Kauf des Grundstücks über die Einholung der Baugenehmigung, die Konstruktion und den Bau bis zum Verkauf des gesamten Objekts oder auch der einzelnen Wohnungen. “Häufig sind schon vor Fertigstellung alle Wohneinheiten verkauft, bei Büros ist das teilweise schon vor Baubeginn der Fall”, sagt Bastin. 1863 gegründetImmobel wurde 1863 als Compagnie Immobilière de Belgique gegründet und ist seitdem an der Brüsseler Börse notiert (Schlusskurs am Freitag: 67,20 Euro). 2016 fusionierte sie mit Allfin zum größten Projektentwickler am Börsenplatz. Nach Belgien ist Immobel seit 2007 in Luxemburg, 2010 in Polen, 2017 in Frankreich und 2018 in Spanien aktiv. Mehrheitsaktionärin ist mit 58,8 % die A3 Capital NV, eine Familiengesellschaft, die mit Marnix Galle den Executive Chairman of the Board of Directors und CEO stellt. 12,1 % ihrer Aktien hält die Gesellschaft selbst, 29,1 % sind Streubesitz.