ProSiebenSat.1 macht Tempo für Firmenverkäufe
ProSiebenSat.1 treibt Verkäufe voran
Gespräche mit Partner General Atlantic wegen geplanter Trennung von Flaconi und Verivox
jh München
Die weiterhin schwache Wirtschaftsentwicklung in Deutschland ist eine schwere Bürde für ProSiebenSat.1. Für das konjunktursensible margenstarke Fernsehwerbegeschäft rechnet der Vorstand mit einem leichten Rückgang in diesem Jahr. Im vergangenen Jahr sanken die Einnahmen daraus um 5%, im Schlussabschnitt mit dem wichtigen Weihnachtsgeschäft sogar um 12%. Gleichzeitig verstärkt das Medienunternehmen, das auch Onlinegeschäfte betreibt, seine Anstrengungen, um die Kosten zu senken.
Zudem sitzen ProSiebenSat.1 die Großaktionäre Media for Europe (MFE) in Italien und PPF in Tschechien im Nacken. Sie dringen auf einen Verkauf der Online-Parfümerie Flaconi und des Verbraucherportals Verivox, damit sich das Unternehmen stärker auf das Unterhaltungsgeschäft konzentriert. Gemäß dem vor einem Jahr genannten Zeitplan müsste in den nächsten zwei bis sechs Monaten ein Abschluss gelingen. „Ich bin auf gutem Weg, in diesem Zeitplan zu bleiben“, sagte Finanzvorstand Martin Mildner am Donnerstag in der Jahrespressekonferenz.
„Künftig ohne Widerstand“
Um das Ziel zu erreichen, führt das Unternehmen Gespräche mit General Atlantic. Der Finanzinvestor ist seit 2007 Partner von ProSiebenSat.1 und mit gut 28% an der Holding Nucom beteiligt, der unter anderem Flaconi und Verivox gehören. Mildner wies darauf hin, dass General Atlantic auch ein Mitspracherecht für Desinvestitionen habe. Um eine größere Flexibilität zu erreichen und damit künftig Verkäufe „ohne Widerstand“ möglich seien, verhandelt ProSiebenSat.1 mit der Private-Equity-Firma über einen Erwerb von deren Beteiligung sowohl an Nucom als auch an dem Dating-Geschäft Parship Meet Group. Als Gegenleistung stehen die Ausgabe einer Pflichtwandelanleihe und die Abgabe von Anteilen an General Atlantic zur Debatte. ProSiebenSat.1 besitzt 2,6% eigene Aktien ohne Stimmrecht.
In der Branche wird vermutet, dass MFE nach dem Verkauf von Flaconi und Verivox dank einer dann geringeren Bewertung von ProSiebenSat.1 leichter ans Ziel käme, ProSiebenSat.1 zu übernehmen. MFE ist schon mit 29,99% beteiligt. Mit einem Antrag auf Aufspaltung des Konzerns waren die Italiener auf der Hauptversammlung vor einem Jahr nur knapp gescheitert.
Habets will Vorstandschef bleiben
Gerüchte, die von der Familie Berlusconi beherrschte MFE bereite ein Übernahmeangebot für ProSiebenSat.1 vor, flammen immer wieder auf – erst vor kurzem abermals in italienischen Medien. Solche Spekulationen kommentiere er nicht, sagte nun Bert Habets, der Vorstandsvorsitzende von ProSiebenSat.1. Auf die Frage nach seiner Zukunft im Unternehmen antwortete er: „Ich denke nicht, dass meine Reise zu Ende ist.“ Er sei in konstruktiven Gesprächen mit dem Aufsichtsrat. In dem Gremium haben MFE und PPF die Mehrheit. Habets Dreijahresvertrag läuft Ende Oktober 2025 aus.
Firmenwerte stark abgeschrieben
Für 2025 rechnet der Vorstand mit einem Umsatz von 3,85 Mrd. bis 4,15 Mrd. Euro. Das wäre im besten Fall ein leichter Anstieg im Vergleich mit 3,92 Mrd. Euro im Jahr 2024. Für das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) stellt das Unternehmen 500 Mill. bis 600 (i.V. 557) Mill. Euro in Aussicht. 2024 blieb das Konzernergebnis mit einem Verlust von 122 (134) Mill. Euro negativ. Mildner begründete das Defizit mit einer Abschreibung von 386 Mill. Euro auf das Dating-Geschäft. Bereinigt ergab sich ein Überschuss von 229 (225) Mill. Euro.