GRENZEN DES WACHSTUMS

Pures Gift für Maschinenbauer

Abgeschottete Märkte sind das Letzte, was die exportorientierte Schlüsselbranche gebrauchen kann

Pures Gift für Maschinenbauer

Von Daniel Schauber, FrankfurtWenn nach dem Zeitalter der Globalisierung tatsächlich der globale Protektionismus ausbricht, dann muss man befürchten, dass die größten Gewinner freier Märkte zu den größten Verlierern der neuen Ära werden.Die deutschen Maschinenbauer jedenfalls würde Sand im Getriebe des Welthandels mit voller Wucht treffen. Für Germanys exportorientierte Heavy-Metal-Industrie ist globaler Protektionismus pures Gift. Die Schlüsselbranche, die mit ihren rund 6 000 Unternehmen und gut 1,3 Millionen Beschäftigten das industrielle Rückgrat der deutschen Wirtschaft und ein Export-Aushängeschild ist, würde extrem leiden. Schwarzwald und die WeltFreie Märkte sind für die Hidden Champions aus dem Schwarzwald, von der Schwäbischen Alb und im Bergischen Land so wichtig wie die Luft zum Atmen. Drei von vier Maschinen werden exportiert, und an der Spitze der Abnehmer stehen ausgerechnet jene zwei Staaten, die im Zentrum des neuen Handelskriegs stehen: die USA und China (siehe Grafik). Schwerer wird auch das Geschäft im fünftgrößten Exportmarkt, in Großbritannien. Der bevorstehende Brexit, egal ob hart oder weich, sorgt für Unsicherheit und dürfte das Geschäft belasten.Im September zeigte der Maschinenbau, der traditionell als zyklische Branche gilt, aber faktisch seit Jahren boomt, plötzlich Ermüdungserscheinungen im Export. Die Ausfuhren gingen um 0,2 % zurück, und da hörte mancher schon die Alarmglocken schrillen. Das war verfrüht, denn schon im Oktober (neuere Daten liegen nicht vor) wuchsen die Ausfuhren wieder kräftig, und zwar um 12 %. Die harten Daten, die bislang verfügbar sind, zeigen also keine klaren Vorboten für einen Exporteinbruch. Man wird wohl erst im neuen Jahr klarer sehen, wie sich die weltweiten Handelsstreitigkeiten auf den Maschinenbau auswirken. Von Januar bis September hatten die Maschinenauslieferungen noch um nominal 5,2 % oder 6,5 Mrd. Euro auf 131,9 Mrd. Euro im Vergleich zum Vorjahr zugelegt. Dass das Geschäft durch globalen Protektionismus gedrückt wird, ist zugleich sicher. Rüsten kann sich die Branche gegen derartige externe Schocks so gut wie nicht. Die Welt wird zwar weiter deutsche Maschinen benötigen, aber wenn der Export teurer wird, sei es durch Zölle oder nicht-tarifäre Handelshemmnisse, wird das zwangsläufig auf die Gewinn-und-Verlust-Rechnungen der Mittelständler durchschlagen. China hat Nase wieder vornDurchaus symptomatisch ist auch, dass im Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen China und den USA inzwischen wieder die Volksrepublik die Nase vorn hat. Der Jubel über die Reindustrialisierung im Rust Belt der Vereinigten Staaten und das Lob deutscher Unternehmer über die angeblich so segensreiche Wirkung der Steuerreform unter US-Präsident Donald Trump sind verstummt und den Sorgen über immer mehr Sand im Getriebe der globalisierten Weltwirtschaft gewichen. Das Reich der Mitte hat sich nach neun Monaten des alten Jahres die Position als wichtigster Einzelexportmarkt für die deutschen Maschinenbauer zurückerobern können. Zwischen Januar und September stiegen die Ausfuhren in die Volksrepublik um satte 11,4 % auf 14,2 Mrd. Euro an. Damit hat China einen Anteil von 10,8 % an den gesamten deutschen Maschinenausfuhren. Die Exporte in die Vereinigten Staaten – zur Halbzeit noch knapp vor China im Ranking – legten im selben Zeitraum nur noch um 6,9 % auf 14,2 Mrd. Euro zu, was einem Anteil von 10,7 % an den gesamten Ausfuhren entspricht. Briten füllen das LagerIm Geschäft mit Großbritannien fiel zuletzt auf, dass sich die Unsicherheit durch den bevorstehenden Brexit noch überhaupt nicht in den Exportzahlen spiegelte, im Gegenteil. Denn auch Großbritannien konnte Boden gutmachen und nahm von Januar bis September rund 4,5 % mehr deutsche Maschinen ab – insgesamt Anlagen im Wert von 5,8 Mrd. Euro.Das wirkt widersprüchlich, und beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) hat man Angst, dass das dicke Ende bald kommt. Der Brexit werde seine ganzen unangenehmen Folgen erst dann zeigen, wenn es zu einem harten Ausstieg komme, ist man bei der Branchenlobby überzeugt. Derzeit profitiere das Geschäft mit dem Vereinigten Königreich noch von der wechselkursbedingten Stärke der britischen Exportindustrie. Außerdem würden angesichts der schwelenden Unsicherheit wohl jetzt in Großbritannien Bestellungen vorgezogen und Lager gefüllt, um drohenden Handelshemmnissen zuvorzukommen.