Qualcomm dreht in China bei
Qualcomm akzeptiert eine rekordhohe Kartellstrafe der chinesischen Behörden und wird künftig auch geringere Lizenzgebühren in China verlangen. Der weltgrößte Hersteller von Smartphone-Chips erzielt die Hälfte seiner Umsätze im Reich der Mitte.hei Frankfurt – Qualcomm hat mit Chinas National Development and Reform Commission (NDRC) eine “Einigung” im Hinblick auf die kartellrechtlichen Ermittlungen der Behörde gegen den US-Technologiekonzern erreicht. Das Unternehmen akzeptiert eine rekordhohe Kartellstrafe von umgerechnet 975 Mill. Dollar sowie Änderungen in der Lizenzierungspraxis, wie mitgeteilt wird. Die Behörde hatte dem führenden Hersteller von Smartphone-Chips vorgeworfen, seine marktbeherrschende Stellung missbraucht zu haben, um in China höhere Lizenzgebühren als in anderen Märkten durchzusetzen.Qualcomm kommentierte die Anschuldigungen nicht. Stattdessen betonte Konzernchef Steve Mollenkopf: “Wir sind froh, dass es vorüber ist.” Diese Meinung teilten offenbar auch die Aktionäre, obwohl sich der Konzern gezwungen sah, infolge der “Vereinbarung” mit der NDRC seine Gewinnerwartung für das laufende Jahr zu reduzieren. Die Aktie kletterte im frühen Handel an der Nasdaq um 2,8 % auf 69 Dollar.Qualcomm setzte die im Januar gestutzte Umsatzprognose leicht auf 26,3 bis 28 Mrd. Dollar nach zuvor 26 bis 28 Mrd. Dollar nach oben. Zugleich dürfte der Gewinn je Aktie durch die Kartellstrafe nun nur noch 3,56 bis 3,76 Dollar erreichen, während zuvor 4,04 bis 4,34 Dollar avisiert worden waren. Auf Non-GAAP-Basis rechnet der Konzern mit 4,85 bis 5,05 Dollar je Aktie gegenüber 4,75 bis 5,05 Dollar, die noch im Januar genannt worden waren. Schlimmeres befürchtetDies lässt ahnen, dass das Management zu diesem Zeitpunkt offenbar noch Schlimmeres befürchtet hatte. Die nun verhängte Geldstrafe entspricht rund 8 % vom Umsatz Qualcomms in China und bleibt damit – obwohl die höchste jemals im Reich der Mitte verhängte Strafe – unter den nach dem chinesischen Kartellrecht maximal möglichen 10 %. Überdies hatte der Chiphersteller womöglich befürchtet, noch weitreichendere Preiszugeständnisse machen zu müssen.Wie das Unternehmen nun mitteilt, werden für Smartphones der 3. und 4. Mobilfunkgeneration (3 G und 4 G) nunmehr Lizenzgebühren von 5 bzw. 3,5 % erhoben, wobei die Basis dafür 65 % vom Nettoverkaufspreis der Geräte beträgt. Bestehende Lizenznehmer können rückwirkend zum 1. Januar 2015 zu dem “neuen Modell” wechseln.Zu diesen zählen neben kleineren lokalen Anbietern auch die großen Netzwerkausrüster ZTE und Huawei, die beide vor einigen Jahren ins Geschäft mit Smartphones eingestiegen sind und sich ambitionierte Wachstumsziele gesetzt haben. Profitieren sollte darüber hinaus der Apple-Konkurrent Xiaomi, der sein rasantes Wachstum in China einer preiswerten “iPhone-Kopie” verdankt. Experten betonen, dass bei den Entscheidungen der chinesischen Behörden immer industriepolitische Erwägungen Berücksichtigung finden.China ist für westliche Unternehmer zahlreicher Branchen ein äußerst wichtiger Markt, so dass die Betroffenen ähnlich wie Qualcomm in der Regel um Schadensbegrenzung bemüht sind. Aus juristischer Sicht “ist oft die mangelnde Transparenz in der Entscheidungsfindung” der Behörden ein Problem, wie Christoph Barth betont. Dabei dürfte bei Kartellverstößen in China häufig auch die verbreitete Korruption eine Rolle spielen, die laut Transparency International im Zuge der Wirtschaftsliberalisierung eher zugenommen hat.