"RAG-Stiftung bewährt sich in Praxis"
Die RAG-Stiftung kommt beim Vermögensaufbau gut voran. An einen Verkauf von Evonik-Aktien nach dem Vorbild von CVC wird jedoch nicht gedacht. Vielmehr drängt Stiftungschef Werner Müller, der auch den Aufsichtsrat des Chemiekonzerns führt, Evonik zu Wachstum durch Akquisitionen.ab Essen – Der dreiköpfige Vorstand der RAG-Stiftung hat nach der Hälfte seiner Amtszeit Bilanz gezogen und stellt sich dabei ein gutes Zeugnis aus. “Die am Reißbrett entworfene RAG-Stiftung bewährt sich”, sagte Stiftungschef und -initator Werner Müller vor der Presse. Aus heutiger Sicht werde die Stiftung die finanziellen Mittel zur Bewältigung der Ewigkeitslasten aus dem Steinkohlbergbau selbst erwirtschaften. Das Vermögen konnte der Vorstand, dessen Amtszeit im November 2017 endet, ausgehend von 11 Mrd. Euro Ende 2012 auf jetzt 16 Mrd. Euro erhöhen.Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sich die Ewigkeitslasten im gleichen Zeitraum von 14,3 auf 24,4 Mrd. Euro erhöht haben. Müller sieht darin jedoch kein Problem, ist der sprunghafte Anstieg der Lasten doch in erster Linie auf das niedrige Zinsumfeld zurückzuführen. Entscheidend sei der Liquiditätsaspekt, assistierte Finanzvorstand Helmut Linssen. Da von 2019 an jährlich im Durchschnitt nur 220 Mill. Euro zu finanzieren seien, sollte sich für die Stiftung kein Problem ergeben.Das ändert allerdings nichts daran, dass sich die Deckungslücke auch 2015 weiter ausweitet. Schon heute sei absehbar, dass sich der Diskontsatz zum Jahresende auf 0,5 % verringere. Im Vorjahr waren es noch 0,99 %. “Eine Halbierung des Zinses bedeutet finanzmathematisch eine Verdoppelung des Barwertes”, veranschaulichte Linssen.Zur Finanzierung der von 2019 an fälligen Lasten reicht allein die Dividende von Evonik aus. Für 2014 überwies der Chemiekonzern gut 316 Mill. Euro an die Stiftung. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund ist verständlich, dass es die Stiftung nicht eilig hat mit dem Rückzug aus Evonik. “Wir planen vorerst keine Aktienverkäufe”, sagte Müller, und Linssen fügte an: “Wir haben keine Veranlassung, CVC nachzuahmen”. Der Finanzinvestor hatte sich kürzlich im Wege einer Schnellplatzierung von weiteren Evonik-Aktien getrennt und seinen Anteil inzwischen auf 9,4 % zurückgefahren. Die RAG-Stiftung ist dagegen weiterhin mit knapp 68 % beteiligt.Hinzu kommt, dass Müller dem Chemiekonzern, der größten Einzelbeteiligung, die unter Risikoaspekten als Klumpenrisiko gilt, gute Wachstumsperspektiven bescheinigt. Allerdings macht sich der Stiftungschef, der auch den Aufsichtsrat des Chemiekonzerns führt, für externes Wachstum bei Evonik stark: “Es wäre begrüßenswert, wenn ein Schritt gelänge, ich habe aber dem Vorstand gesagt, dass keinerlei Zeitdruck besteht”, brachte Müller Druck auf den Kessel. Zwar wäre ein großer Schritt wünschenswert, wenn aber stattdessen einzelne kleinere Akquisitionen getätigt würden, sei das auch in Ordnung.Einer potenziellen Übernahme des Schweizer Wettbewerbers Clariant, über den zuletzt mehrfach spekuliert worden war, erteilte Müller eine klare Absage. “Das Thema ist für mich gegessen”, sagte er unter Verweis auf die mangelnden Wachstumsperspektiven, die sich daraus für Evonik ergäben. Mittelstand im FokusAnders als das größte Asset hat sich die Stiftung inzwischen selbst einen Namen als Investor gemacht. In den vergangenen zwölf Monaten habe sich die Stiftung an sieben Unternehmen beteiligt, darunter Hahn Automation (51 %), R. Stahl (10 % und Röder Zeltsysteme (100 %). Weitere 150 Mill. Euro wurden in Fonds gesteckt, die in Mittelständler investieren.Das Ende der Fahnenstange sei damit noch nicht erreicht. Die Akquisitionspipeline sei gut gefüllt. Konkret stehe die Stiftung derzeit in Endverhandlungen für vier Beteiligungen. Bis zu sechs Anteilskäufe im Volumen von 100 bis 200 Mill. Euro seien in diesem Jahr denkbar.