Rechnungslegung vor Gericht

OLG Frankfurt spricht Axel Springer von zwei Bilanzierungsfehlern frei

Rechnungslegung vor Gericht

Von Sabine Wadewitz, Frankfurt Die wenigsten Fälle landen vor Gericht, aber manches Unternehmen nutzt alle Optionen, um sich gegen den Vorwurf von Fehlern in der Rechnungslegung zu wehren. Im Fall des Medienunternehmens Axel Springer ist der Widerstand teilweise erfolgreich gewesen. Am 15. Januar 2016 hatte der Konzern auf Veranlassung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vier Fehler im Jahresabschluss 2012 veröffentlichen müssen. Das Verfahren zog sich über viele Jahre hin. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hat nun aber zwei der vier Fehlerfeststellungen für rechtswidrig erklärt (Aktenzeichen WpÜG 3/16, WpÜG 4/16). Reaktion auf BilanzskandaleDie Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) nimmt regelmäßig die Abschlüsse börsennotierter Unternehmen unter die Lupe. Das Enforcement war im Zusammenhang mit internationalen Bilanzskandalen eingeführt worden, um die Qualität der geprüften Konzernabschlüsse für den Kapitalmarkt zu verbessern.In Deutschland ist ein zweistufiges Verfahren etabliert worden. Wenn Firmen die von der Prüfstelle aufgedeckten Mängel nicht akzeptieren, tritt die BaFin auf den Plan. Gegen Fehlerfeststellungen können sich die Emittenten in letzter Instanz mit einer Beschwerde beim OLG Frankfurt wehren. Dies hat keine aufschiebende Wirkung für die Veröffentlichung der Bilanzierungsfehler.Die DPR ist seit Juli 2005 aktiv. Seitdem sind nach Aussage von Marktbeobachtern gerade mal sechs Fälle vor Gericht gelandet und in keinem Fall seien die Fehlerfeststellungen in Gänze kassiert worden. Für Aufsehen gesorgt hatte in der Vergangenheit das Familienunternehmen Merck, das im Geschäftsbericht 2008 ihre Investoren mit einem elf Zeilen langen Prognosebericht abspeisen wollte. Das vom Konzern angerufene OLG Frankfurt folgte am Ende der Einschätzung der Bilanzpolizei, dass Merck damit die gesetzlichen Mindestanforderungen nicht erfüllt habe. Beim OLG vorstellig geworden sein sollen auch Sky Deutschland, VSM, Isra Vision und die AWD Holding. Die Deutsche Prüfstelle wollte sich auf Anfrage nicht zu Fällen äußern und auch keine Stellungnahme zum Ausgang des Verfahrens von Axel Springer abgeben. Firmenwerte im FokusIn den vom Gericht kassierten Fehlermeldungen des Berliner Medienkonzerns ging es darum, dass Axel Springer die beim Erwerb von Anteilen an Tochterunternehmen entstandenen Geschäfts- und Firmenwerte nur in Höhe der Beteiligungsquoten gezeigt hat. Die BaFin hatte eine vollständige Erfassung verlangt. Dies sieht das OLG anders. Zweiter Knackpunkt war die Bewertung der Beteiligung an der türkischen Dogan TV Holding zu Anschaffungskosten (350 Mill. Euro) und nicht zum Zeitwert. Auch hier stellt sich das Gericht auf die Seite des Unternehmens. Damit bleiben zwei Fehlermeldungen übrig, in denen es um die Bildung zahlungsmittelgenerierender Einheiten für den Werthaltigkeitstest von Goodwill und eine fehlende Angabe von Buchwerten für Geschäfts- und Firmenwerte (985 Mill. Euro) für verschiedene Einheiten ging.Bei Axel Springer wird betont, dass die von der BaFin damals festgestellten Fehler keine Auswirkungen auf Umsatz, operatives Ergebnis, bereinigten Konzernüberschuss, Nettoverschuldung oder Cash-flow im Konzernabschluss 2012 hatten. Das Unternehmen habe den Abschluss korrigiert. “Wir waren unabhängig davon stets der Auffassung gewesen, dass die Rechnungslegungsvorschriften korrekt angewendet worden waren”, sagt ein Unternehmenssprecher. Deshalb habe man gegen die Entscheidung der BaFin Rechtsmittel beim OLG Frankfurt eingelegt. Langes VerfahrenDurch den Ende Februar 2019 ergangenen und jüngst veröffentlichten Beschluss des Gerichts, der ganze 89 Seiten umfasst, sieht das Unternehmen seine Rechtsauffassung “in wesentlichen Punkten bestätigt”. “Entsprechend können die damals vorgenommenen Fehlerveröffentlichungen in unserem Sinne korrigiert werden”, wird im Medienkonzern in Berlin betont. Veröffentlicht wurde die Korrektur am 24. Juni im Bundesanzeiger. Bis Klarheit herrschte, hat es somit fast sieben Jahre gedauert. Die außenstehenden Investoren wird das kaum noch interessieren, zumal für das MDax-Unternehmen nach dem derzeit laufenden Einstieg des US-Finanzinvestors KKR das Delisting geplant ist.——Das OLG Frankfurt spricht das Unternehmen Axel Springer von zwei Bilanzierungsfehlern frei.——