RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: MARC HILBER UND MYRIAM SCHILLING

Rechtliche Stolperfallen im Datenschutz bei Übernahmen

Auch Urheberrechte in der Softwareentwicklung sind bei Fusionen zu beachten

Rechtliche Stolperfallen im Datenschutz bei Übernahmen

– Frau Schilling, Herr Hilber, viele Unternehmen setzen auf Innovation durch M & A-Transaktionen. Fällt den Firmen selbst nicht mehr genug ein?Schilling: Für strategische Investoren kann es attraktiv sein, statt in eigene Forschung und Entwicklung (F & E) zu investieren, innovative Technologien zuzukaufen. Damit kann man flexibel auf Markttendenzen reagieren. In Start-ups werden häufig spannende neue Geschäftsideen entwickelt, die großes Potenzial bieten. Daher buhlen zunehmend auch Konzerne um junge, innovative Unternehmen. Doch wo Chancen sind, sind auch Risiken.- Wo liegen die Risiken?Hilber: Häufig sind die Geschäftsmodelle IT- und/oder datengetrieben. Dies führt dazu, dass die Unternehmen vielfältige rechtliche Aspekte zu berücksichtigen haben, wie bei der Entwicklung von Software das Urheber- und zunehmend auch das Patentrecht. Sofern personenbezogene Nutzerdaten im Spiel sind, ist der Datenschutz zu berücksichtigen.- Wenn Software vom Zielunternehmen entwickelt wurde, erwirbt der Käufer doch sämtliche Rechte daran?Hilber: Grundsätzlich sind Urheber immer die Einzelpersonen, welche die Software entwickelt haben. Bei Angestellten gehen die kommerziell relevanten Verwertungsrechte automatisch auf den Arbeitgeber über. Dies gilt aber unter anderem nicht für Geschäftsführer, freie Mitarbeiter oder Diplomanden. Mit diesen Personen muss das Unternehmen umfassende Rechteeinräumungsvereinbarungen treffen, um auf der sicheren Seite zu sein.- Gibt es weitere Hürden?Hilber: Auch die Integration von Open Source Software (OSS) in die Software des Unternehmens kann zu Problemen führen. OSS kann kostenfrei im Internet heruntergeladen werden und so den Entwicklungsprozess erheblich beschleunigen. Allerdings wird mit dem Herunterladen eine Lizenz vereinbart, wie etwa die weit verbreiteten Copyleft-Lizenzen. Diese zwingen den Verwender beim Weitervertrieb seiner Software, die OSS einschließlich selbst entwickelter Bestandteile kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Damit kann das im Quellcode verkörperte zentrale Know-how des Unternehmens öffentlich verfügbar werden.- Wie sieht es mit den datenschutzrechtlichen Risiken aus?Hilber: Apps und andere Software verarbeiten in aller Regel personenbezogene Daten. Daher bedarf es für die Verarbeitung einer Einwilligung des Betroffenen oder eines gesetzlichen Erlaubnistatbestandes. Ab Mai 2018 gilt die Datenschutzgrundverordnung, die einen Bußgeldrahmen von 4 % des weltweiten Konzernumsatzes, zumindest aber 20 Mill. Euro vorsieht.- Gibt es Risiken, die sich gerade durch den Erwerb des Unternehmens erhöhen?Schilling: Dritte können auf das Unternehmen aufmerksam werden, dem jetzt ein finanzkräftiger Stratege zur Seite steht, zum Beispiel sogenannte Patent-Trolle. Diese kaufen Patente einzig mit dem Zweck auf, daraus gegen Dritte Ansprüche vorzubringen. Da Patente vor allem in den USA vermehrt auch für internetbasierte Softwareapplikationen gewährt werden und gleichzeitig über das Internet Geschäftsmodelle weltweit vermarktet werden können, kann hier Unheil drohen. Daher sollten Investoren möglichst im Rahmen der Due Diligence eine Freedom-to-Operate-Recherche für wichtige Zielmärkte durchführen.- Was ist bei der Integration des Unternehmens zu beachten?Schilling: Es sollte sorgfältig überlegt werden, welche Anreize für Schlüsselmitarbeiter und Gründer-Geschäftsführung gesetzt werden. Klassische Earn-out-Modelle verfehlen häufig ihr Ziel. Um die in der Regel sehr ambitionierten Ziele zu verwirklichen, benötigt die Geschäftsführung Freiheiten, die ihr im Konzern nicht unbedingt gewährt werden können. Demgegenüber muss der Konzern Synergiepotenziale heben können, damit sich das Investment lohnt. Wenn sich zur Überwindung von Bewertungsdifferenzen ein Earn-out nicht vermeiden lässt, sollte dieser auf einen möglichst kurzen Zeitraum beschränkt werden. Zudem ist frühzeitig für eine Nachfolge zu sorgen. Nicht wenige Gründer planen nach dem Ablauf der Earn-out-Periode, sich mit der Gründung eines weiteren Unternehmens neuen Herausforderungen zuzuwenden.—-Marc Hilber und Myriam Schilling sind Partner bei Oppenhoff & Partner in Köln. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.