LUXUSGÜTERKONZERNE

Reges Interesse an Glamour-Aktien

Modefirmen erfolgreiche Newcomer am Kapitalmarkt - 50 potenzielle Kandidaten für die Börse

Reges Interesse an Glamour-Aktien

Glamour ist auch in der Krise gefragt. Die italienischen Modehäuser haben sich 2012 an der Börse behauptet. Zahlreiche Luxusgüterhersteller stehen in den Startlöchern für einen Börsengang. Die frischen Mittel sollen für die Auslandsexpansion eingesetzt werden.Von Thesy Kness-Bastaroli, MailandItaliens Luxusplayer, ob klein oder groß, haben sich 2012 Jahr exzellent positioniert. Dies trifft vor allem auf den Börsenneuling und “Kaschmirkönig” Brunello Cucinelli zu. Aber auch die beiden börsennotierten Modehäuser Prada (Börsendebüt 2011 in Hongkong) und Ferragamo (2011 in Mailand) haben kräftig zugelegt. Der Luxusschuhhersteller Tod’s notiert nahe dem Jahreshoch. Und die Bewertungen sind sehenswert: Die Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) reichen von 20 (Luxusschuhhersteller Tod’s), über knapp 30 (Prada, Ferragamo) bis zu 45 bei Cucinelli. ExpansionsgelüsteDas Interesse an italienischen Glamour-Aktien ist rege. Kein Wunder, denn die Branche boomt auch in Krisenzeiten. “Die Anleger wollen in Luxus investieren, aber es gibt nur wenige Modehäuser an der Börse”, erklärte ein Analyst den Trend. Auf die wenigen Titel stürzen sich die Investoren, wie der Börsengang von Cucinelli im Frühjahr 2012 zeigte. Das Angebot war in wenigen Tagen 17fach überzeichnet.”Die Börse und die Mode kommen sich immer näher”, heißt es auch bei der Unternehmensberatung Pambianco. 50 italienische Fashionhäuser haben laut einer von Pambianco kürzlich veröffentlichten Untersuchung Interesse, in den kommenden drei bis fünf Jahren den Börsengang zu wagen. Einige könnten bereits 2013 an den Start gehen, kommentierte der Unternehmensberater. Wichtigster Grund für ein IPO sei, Geld einzusammeln, um im Ausland zu investieren. Unter den potenziellen Börsenkandidaten befinden sich Namen wie Dolce & Gabbana, Giorgio Armani, Herren-Nobelschneider Ermenegildo Zegna, der Hersteller von Daunenjacken Moncler, und der Strumpfgigant Calzedonia. Im Möbeldesignbereich nennt Pambianco 15 potenzielle Kandidaten, darunter den Hersteller von Kunststoff-Designmöbeln Kartell, Poltrone und B & B.Es gibt keinen Zweifel: Die Luxusmodeindustrie hat die Finanz-und Wirtschaftskrise relativ gut überstanden. Der Fachverband der Luxushersteller Altagamma prognostiziert für 2013 ein Umsatzwachstum von 6 % im Modesektor, 8 % bei Schmuck und Juwelen und 10 % für den Schuh- und Zubehörbereich. Das operative Ergebnis (Ebitda) der Anbieter sei 2012 um 7 % gewachsen und soll auch 2013 um 7 % zunehmen.Grund für die positive Performance ist nicht nur der im Schnitt über 50 % liegende Exportanteil der Luxusplayer am Umsatz. Immer mehr Modehäuser verlagern Produktion oder Verwaltung und Logistik in die benachbarte Schweiz, in die Grenzregion Tessin. Sie nutzen dort nicht nur die niedrigeren Steuern, sondern auch das geschulte Fachpersonal: Grenzgänger aus Italien, die einst im Seidendistrikt von Como oder aber in der Textilindustrie rund um Varese arbeiteten, finden nun ihr Dorado im benachbarten Tessin.Aber es sind nicht nur niedrigere Steuern und weniger Bürokratie, die den Standort Tessin in der Schweiz attraktiv machen. “Wir haben von den Italienern abgeguckt, wie Industriedistrikte funktionieren, und so im Tessin ein ,Fashion Valley` aufgebaut”, erklärt Franco Cavadini, Präsident des Tessiner Modeverbandes Ticino Moda das neue Phänomen. Insgesamt tätigen die Luxusplayer im neuen Tessiner Modetal jährlich einen Umsatz von 10 Mrd. Euro und beschäftigen 4 000 Arbeitnehmer.Rund 40 Mill. Euro hat die italienische Modeindustrie in den letzten Jahren im Tessin investiert. “Das einzige Risiko liegt in der Währung, im starken Schweizer Franken”, meint der CEO des Herrenmodeunternehmens Ermenegildo Zegna, Gildo Zegna. Je schwächer der Euro wird, umso stärker verteuert sich die Produktion in der Schweiz. Unter dem Strich fällt dies aber wenig ins Gewicht. Denn die Steuervorteile sind beachtlich. In Italien müssen Unternehmen im Schnitt bis zu 50 % ihres Gewinns an den Fiskus in Rom abführen, in der Schweiz sind es maximal 25 %.Auch was die Logistik betrifft, bieten die Eidgenossen Vorteile. Transport- und Verwaltungskosten sind niedriger, die Infrastrukturen wie etwa der Gotthard-Bahntunnel oder aber der Mailänder Flughafen Malpensa liegen kaum 40 Kilometer von Mendrisio entfernt. Zegna jedenfalls will die Produktion im Tessin weiter ausbauen. Das Florentiner Modehaus Gucci investiert derzeit mehrere Millionen Euro für ein neues Logistikzentrum an der Nordspitze des Lago Maggiore, im Tessiner Ort Sant’Antonino. Über hundert neue Arbeitsplätze werden hier geschaffen. Pionier ZegnaEine Reihe weiterer italienischer und internationaler Modehäuser haben den Tessin entdeckt. Der Mailänder Modezar Giorgio Armani hat in Mendrisio, auf dem ehemaligen Industriegelände der Firma Solsi, sein neues Geschäftszentrum eröffnet. Keine zehn Kilometer von Mendrisio entfernt, in Coldrerio, errichtete der mehrheitlich dem Finanzinvestor Permira gehörende Bekleidungshersteller Hugo Boss sein neues Kompetenzzentrum.Weitere Bekleidungsfirmen wie Guess oder der Outdoorspezialist North Face haben sich ebenfalls in der Südschweiz einen Standort geschaffen. Zu den Pionieren der italienischen Modehäuser im Tessin zählt zweifellos Ermenegildo Zegna. Schon vor zwanzig Jahren baute der Gründerenkel und heutige Vorstandschef des 7 000 Beschäftigte zählenden Modelabels, Gildo Zegna, eine Fabrikation in der Schweiz auf.