Regierung verschärft Ziele für Ausbau der Erneuerbaren

Novelle des EEG soll Anfang 2021 in Kraft treten - Branche erneuert ihre Kritik - Entlastung bei CO2-Abgabe für Unternehmen

Regierung verschärft Ziele für Ausbau der Erneuerbaren

sp Berlin – Die Bundesregierung hat am Mittwoch die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) auf den Weg gebracht. Vorangegangen war ein Verhandlungsmarathon, der sich am Dienstag bis in die späten Abendstunden zog, weil das Umweltministerium auf Änderungen pochte, die sicherstellen sollen, dass bis 2030 mindestens 65 % des Stromverbrauchs aus Wind-, Sonnen- und Bioenergie gedeckt werden können. Dieses Ziel ist im Klimaschutzprogramm der Regierung festgeschrieben. Noch vor 2050 soll der Energiesektor überhaupt kein Treibhausgas mehr produzieren. “Das ist ein Paradigmenwechsel”, sagte der beim EEG federführende Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) nach den Beschlüssen des Kabinetts, das am Mittwoch auch das Bundesbedarfsplangesetz verabschiedete, mit dem der Ausbau der Stromübertragungsnetze vorangebracht werden soll.Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) erneuerte trotz der Änderungen auf den letzten Metern seine Kritik an der EEG-Novelle. “Auch wenn nun ein Strommengenpfad für den jährlichen Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch beziffert wird, hat sich im Grundsatz an den Annahmen zur Entwicklung des Stromverbrauchs nichts geändert”, erklärte Verbandspräsidentin Simone Peter. So halten Kritiker der Regierung schon länger vor, in ihrem Mengengerüst für die Berechnung der Ausbauziele für die Erneuerbaren bis 2030 den Stromverbrauch zu gering anzusetzen.”Im Gesetzesentwurf beziehen sich die 65 % auf einen zukünftigen Bruttobedarf von 580 Terawattstunden”, erklärt Philipp Staudt vom Institut für Wirtschaftsinformatik und Marketing am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Das sei aber viel zu wenig. 2018 habe allein der Nettostromverbrauch 526 Terawattstunden betragen. Berücksichtigen müsse man zusätzlich den Energieverbrauch der Wärme- und Kälteversorgung mit 1 207 Terawattstunden und den Energieverbrauch im Verkehrswesen mit weiteren 739 Terawattstunden. “Deutschland hat sich vorgenommen, den Wärme- und Verkehrssektor zu elektrifizieren, und will in die industrielle Erzeugung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien mittels Elektrolyse einsteigen. Das wurde von der Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf schlichtweg nicht berücksichtigt”, sagt Staudt.Der BEE setze nun auf das parlamentarische Verfahren, um im Gesetz die notwendige Rolle der erneuerbaren Energien für die Energiewende herauszuheben, hieß es in einer Mitteilung. “Es braucht Zubau aller erneuerbarer Technologien im ganzen Land, einen Schub für Innovation und eine zusätzliche Dynamik”, wird Peter zitiert. Aber auch Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) verband ihre Zustimmung mit der Forderung nach Nachbesserungen. Die Reform des EEG dränge, damit es zum Jahreswechsel in Kraft treten könne, daher stimme sie dem Entwurf zu, hieß es laut dpa in einer Protokollerklärung. “In wesentlichen Punkten sehe ich indes noch weitergehenden Handlungsbedarf.”Mit der geplanten Anhebung des Klimaschutzziels der EU seien “auch die Ausbauziele für erneuerbare Energien in Deutschland nochmals deutlich anzuheben”, sagte Schulze. Denn die EU plant, ihr Klimaziel für 2030 auf eine CO2-Reduktion von mindestens 55 % im Vergleich zu 1990 anzuheben. Dies hätte Rückwirkungen auf das Ausbautempo der erneuerbaren Energien. Altmaier sicherte am Mittwoch zu, dass sich die EU-Beschlüsse in dem Gesetz widerspiegeln würden, das von Bundestag und Bundesrat noch verändert werden kann.Geplant ist künftig, dass besonders die Solarenergie eine wichtigere Rolle spielt. Insgesamt soll in den nächsten Jahren jedes Jahr bis 2030 neue Solarenergie mit einer Leistung von 4,6 bis 5,6 Gigawatt (GW) ans Netz – mehr als bisher geplant. Bei der Windenergie an Land soll mit gesteigerter Akzeptanz im Schnitt der nächsten Jahre ebenfalls rund 4 GW neuer Leistung gebaut werden. Dafür sollen Kommunen und Anwohner an den Erträgen beteiligt werden.Die Bundesregierung sicherte zudem zu, Unternehmen mit großem Energieverbrauch von der neuen CO2-Abgabe zu entlasten. Wer im internationalen Wettbewerb stehe, könne die Kosten der Abgabe auf Öl, Gas oder Kohle nicht über die Preise seiner Produkte weitergeben, heißt es in einem Eckpunktepapier. Daher sollten solche Firmen – unter anderen aus der Chemie-, Stahl- oder Autobranche die Kosten – teilweise erstattet bekommen. – Wertberichtigt Seite 8