RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: CHRISTOPH GRINGEL

Regulatorische Nachteile für ausländische Fonds

KAGB zwingt institutionelle Investoren dazu, sich aktiver zu informieren

Regulatorische Nachteile für ausländische Fonds

– Herr Dr. Gringel, seit Juli 2014 sind die neuen Regeln des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB) zum Vertrieb von Nicht-EU-Fonds in Kraft, was sind die ersten Erfahrungen aus der Praxis?In den fünf Monaten seit dem Ende der Übergangsfrist des KAGB ist der Vertrieb ausländischer Fonds in Deutschland signifikant zurückgegangen. Von diesem Rückgang sind institutionelle Investoren besonders betroffen, da sie durch die anhaltende Niedrigzinsphase bei ihren Anlageentscheidungen ohnehin bereits stark eingeschränkt sind. Die seit dem 21. Juli 2014 geltenden Vertriebsregeln verschärfen diese Entwicklung zusätzlich.- Welche Gründe gibt es für den Rückgang des Vertriebs ausländischer Fonds?Ein wichtiger Grund für den Rückgang sind die besonderen Vorschriften in Deutschland für den Vertrieb von Fonds, die nicht aus der EU oder dem Europäischen Wirtschaftsraum, kurz EWR, stammen. Diese Fonds müssen hierzulande weitaus mehr Auflagen erfüllen als in anderen Ländern. Aufgrund der hohen Hürden sehen immer mehr solcher Fonds von einem Vertrieb in Deutschland ab. Die Anbieter konzentrieren sich lieber auf den Vertrieb in anderen EU-Ländern wie etwa den Niederlanden, Polen oder Großbritannien. Fakt ist: Deutschland verliert als Zielmarkt für Fonds aktuell an Attraktivität.- Mit welchen Hürden sind die Fonds hierzulande konfrontiert, die es in anderen Ländern nicht gibt?Ein gutes Beispiel ist das Erfordernis einer Verwahrstelle. In Großbritannien oder in den Niederlanden ist für den Vertrieb eines Fonds, der nicht aus der EU oder dem EWR stammt, die Bestellung einer Verwahrstelle nicht zwingend vorgeschrieben – für den Vertrieb in Deutschland allerdings schon. Die deutschen Vorschriften gehen damit über die Mindestvorgaben der EU-weit gültigen AIFM-Richtlinie hinaus. Die Bestellung einer Verwahrstelle lohnt sich für den Fondsmanager aber häufig nicht, wenn deren einziger Zweck ist, den Fonds auch in Deutschland an professionelle Marktteilnehmer vertreiben zu können.- Hat die BaFin unterdessen die Voraussetzungen geschaffen, dass der Vertrieb von ausländischen Fonds aus den wichtigsten Ländern möglich ist?Nein, derzeit ist der Vertrieb von Fonds aus einigen der wichtigsten Fondsstandorte wie etwa der Isle of Man oder den British Virgin Islands in Deutschland nicht möglich. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin hat bislang nur mit 18 von insgesamt 44 Aufsichtsbehörden klassischer Fondsheimatländer außerhalb der EU ein Memorandum of Understanding abgeschlossen. Eine solche Vereinbarung ist notwendig, damit Fonds aus dem jeweiligen Land überhaupt in Deutschland vertrieben werden können. Die Aufsichtsbehörden in den Niederlanden (44/44), Polen (43/44) oder Großbritannien (44/44) sind in diesem Zusammenhang schneller – zum Vorteil ihrer institutionellen Investoren.- Können deutsche Anleger trotz der Vertriebseinschränkungen in ausländische Fonds investieren?Ja, institutionelle Investoren in Deutschland können trotz der Einschränkungen in Fonds investieren, die nicht in der EU oder dem EWR aufgelegt worden sind – etwa, wenn sie deren Verwalter aktiv ansprechen. Sie sollten sich zudem mit institutionellen Investoren in anderen EU-Staaten austauschen, in denen geringere Vertriebsanforderungen bestehen. Um geeignete Fonds zu identifizieren, können Investoren aber auch ihnen bekannte Verwalter regelmäßig auf neue Produkte ansprechen. Es gilt der Grundsatz: Um die regulatorischen Nachteile zumindest zum Teil auszugleichen, sind institutionelle Investoren gezwungen, sich aktiver als bislang bei ausländischen Fonds über Anlagemöglichkeiten zu informieren.—-Dr. Christoph Gringel ist Partner und Rechtsanwalt bei Heuking Kühn Lüer Wojtek. Er berät und vertritt nationale und internationale Fondsgesellschaften bei der Anpassung an das Kapitalanlagegesetzbuch sowie zu sonstigen aufsichtsrechtlichen Fragestellungen. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.