FOLGEN DER CORONAVIRUS-AUSBREITUNG

"Reisen Sie nicht. Treffen Sie keine Kunden. Geben Sie nicht einmal die Hand"

Die globale Geschäftswelt vermeidet das Händeschütteln - Homeoffice breitet sich aus - Branchenkonferenzen ausgedünnt

"Reisen Sie nicht. Treffen Sie keine Kunden. Geben Sie nicht einmal die Hand"

Von Christoph Ruhkamp, FrankfurtEs klingt wie ein Ratschlag zur Verhinderung von Geschäftsabschlüssen: “Reisen Sie nicht. Treffen Sie keine Kunden. Geben Sie nicht einmal die Hand.” Dennoch werden solche oder vom Tenor her ähnliche Anweisungen der Arbeitgeber für die Beschäftigten in der globalen Unternehmenswelt in diesen Tagen zur Normalität – während sich das Coronavirus verbreitet.Auf alle Kontinenten bereiten sich Geschäftsleute auf die Möglichkeit vor, bald von zu Hause aus zu arbeiten. Branchenkonferenzen zur Geschäftsanbahnung werden ausgedünnt, gehen online oder stehen vor der Absage. RWE sagt eine Diskussionsrunde zum Kohleausstiegsgesetz in Berlin ab, Zalando cancelt die physische Präsenz in der Bilanzpressekonferenz, die Deutsche Bank die Anwesenheit auswärtiger Fachleute bei einem Dinner in Frankfurt.Die rasante Entwicklung des Coronavirus in den letzten Tagen und Wochen veranlasst Firmen und Institutionen auf der ganzen Welt zu präventiven Maßnahmen, um eine Ausbreitung des Erregers einzudämmen. “Größere interne wie externe Veranstaltungen, die nicht zwingend geschäftsnotwendig sind, werden bis auf Weiteres abgesagt, um etwaige Ansteckungsrisiken für Stakeholder, Geschäftspartner und Mitarbeiter zu minimieren”, schreibt RWE.Homeoffice, Atemmasken, Reiseverbot – viele Unternehmen bereiten sich auf eine Ausbreitung des Virus in Europa vor. Dazu gehören verstärkte Hygienemaßnahmen im Büro, Videokonferenzen statt persönlicher Treffen aber auch Anweisungen, was Mitarbeiter tun sollen, wenn es wegen der Verbreitungen des Virus etwa zu Einschränkungen der Mobilität kommt.Laut Betreiber Fraport gibt es am Frankfurter Flughafen für Passagiere keine Personenkontrollen – abgesehen vom Ausfüllen der Einreiseformulare mit Kontaktdaten. Neben Fluggästen aus China müssen neuerdings aber auch Ankömmlinge aus Südkorea, Japan, dem Iran und Italien ihre Daten abgeben. Dies hat ein neuer Krisenstab von Gesundheits- und Innenministerium entschieden. An die eigenen Mitarbeiter werden Handzettel mit Verhaltensempfehlungen verteilt – Hände waschen, Hustenhygiene, kein Händeschütteln -, die auch auf Schildern am Flughafen stehen. Atemschutzmasken können aufgesetzt werden.Siemens hat seine Empfehlung, Dienstreisen nach China (inklusive Hongkong, Taiwan, Macau) zu vermeiden, zu verschieben oder durch Telefonkonferenzen zu ersetzen, Anfang der Woche auf Japan, Südkorea und Italien ausgeweitet. Den Mitarbeitern in den betreffenden Ländern wird empfohlen, so weit möglich im Home-Office zu arbeiten. In China steht die Fabrik in Wuhan still, wo die Sparte Siemens Energy Transformatoren herstellt.Die Metro hat Reisen ihrer Mitarbeiter nach China ausgesetzt, diese sollen auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. Für Mitarbeiter, die aus China zurückkehren, suchen Personalabteilung und Vorgesetzte nach Möglichkeiten, um Risiken möglicher Erkrankungen und Ansteckungen zu minimieren. Dazu gehört etwa die Option, für 14 Tage im Home-Office zu arbeiten, sofern die Möglichkeit dazu besteht. Die vier Märkte in der chinesischen Stadt Wuhan, wo die Epidemie ihren Anfang nahm, sind weiter geöffnet. Dort wurden bereits Maßnahmen zum Schutz von Kunden und Mitarbeitern ergriffen. Wegen des Engpasses an Mundschutzmasken auf dem chinesischen Markt hat Metro zudem 50 000 Masken für die Mitarbeiter in die Volksrepublik verschickt. In Norditalien betreibt der Konzern insgesamt 13 Märkte (neun in der besonders vom Virus betroffenen Region Lombardei, vier in Venetien), aber keinen Markt unmittelbar innerhalb der roten Zonen. Alle Märkte sind weiter geöffnet. Die erweiterten Hygienepraktiken zum Schutz der Kunden und Mitarbeiter in den Märkten und in der Hauptverwaltung werden praktiziert.BASF hat bereits seit Jahren einen auf den Chemiekonzern zugeschnittenen Pandemieplan, der medizinische, hygienische sowie organisatorische Maßnahmen umfasst. Ziel sei es, die Beeinträchtigung des operativen Geschäfts durch Krankheitsfolgen möglichst gering zu halten. Der Pandemieplan könnte auch im vorliegenden Fall angewendet werden. Szenarien zur Versorgung größerer Zahlen von Infizierten seien in der Vergangenheit bereits praktisch geübt worden. Alle großen Produktionsstandorte von BASF in Greater China hätten seit dem 17. Februar die Arbeit wieder aufgenommen. Es gebe kein generelles Reiseverbot, Dienstreisen nach Wuhan seien allerdings eingestellt worden.Bei Volkswagen werden alle Szenarien durchgespielt und Vorbereitungen getroffen, wie ein Sprecher sagte. Details nannte er nicht. “Wir wollen auf keinen Fall, dass Unsicherheiten aufkommen.” In sozialen Medien kursierten bereits Falschinformationen über Corona-Erkrankungen. BMW beruft sich bei den Hygiene- und Verhaltensregeln für seine Mitarbeiter auf die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Angesichts der Reiseeinschränkungen in China würden nur zwingend notwendige Dienstreisen von dort und dorthin genehmigt.——Größere Veranstaltungen werden unter anderem von RWE bis auf Weiteres abgesagt.——