"Rennen gegen die Zeit"

Studie: Autohersteller stehen bei Reduzierung der CO2-Flottenemissionen vor enormer Herausforderung

"Rennen gegen die Zeit"

Von Carsten Steevens, HamburgDie Autoindustrie steht einer aktuellen Branchenstudie zufolge in Anbetracht von Rückschritten bei der Reduzierung der Flottenwerte für die Emission von Kohlendioxid (CO2) sowie der von diesem Jahr an geltenden strengeren Grenzwerte in Europa vor einer enormen Herausforderung, die Vorgaben zu erreichen und Strafzahlungen zu vermeiden. Die DZ Bank spricht von einem “Rennen gegen die Zeit”.Die jüngsten Absatztrends bei Geländelimousinen (SUVs), Diesel- und elektrifizierten Fahrzeugen deuteten für das zurückliegende Jahr keine signifikante Verbesserung der mittleren Ausstoßwerte an, schreibt das Kreditinstitut in der Studie “CO2-Ziele: Die Uhr tickt”. In diesem und im kommenden Jahr seien erhebliche Fortschritte erforderlich, um den EU-Grenzwert von durchschnittlich 95 Gramm CO2 je Kilometer zu erreichen und Bußgelder zu vermeiden. Strafen empfindlichDie Strafen könnten empfindlich ausfallen: Sie belaufen sich, wie die DZ Bank darlegt, auf 95 Euro pro Gramm Zielverfehlung, multipliziert mit der Anzahl der Neuzulassungen im entsprechenden Jahr. Dem Marktführer Volkswagen etwa drohen demnach für jedes Gramm über dem spezifischen Grenzwert Strafen von mehr als 350 Mill. Euro.Der CO2-Ausstoß europäischer Fahrzeugflotten stieg zuletzt trotz der absehbaren verschärften Regulierung an. Der absatzgewichtete Flottendurchschnitt der EU-weiten CO2-Emissionen erhöhte sich in den Jahren 2017 und 2018, wie die DZ Bank mit Blick auf Erhebungen der Europäischen Umweltagentur (EEA) anmerkt. Auf Basis des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) wurde 2018 ein im Jahresvergleich um rund 2 Gramm/Kilometer auf 120,4 Gramm/Kilometer erhöhter Wert ermittelt. Estland und Luxemburg zeigten mit Emissionen von jeweils über 130 Gramm/Kilometer vor Deutschland (129 Gramm/Kilometer) die höchsten Durchschnittswerte, die Niederlande mit gut 105 Gramm/Kilometer den niedrigsten.Der Trend zu einem erhöhten Kohlendioxidausstoß der Fahrzeugflotten in Europa – Zahlen für 2019 liegen noch nicht vor – beruhe auf dem zunehmenden Anteil von Benzinfahrzeugen und der bislang nur langsam voranschreitenden Präsenz elektrifizierter Fahrzeuge. Für den Anstieg der Flottenemissionen spiele, so die DZ Bank weiter, der zunehmende Verkauf größerer und leistungsstärkerer Fahrzeuge zulasten kleinerer Fahrzeuge mit geringeren durchschnittlichen Emissionswerten aber eine ebenso große Rolle. Während der Rückgang der Dieselnachfrage von der Autoindustrie nicht zu beeinflussen sei, hätten die Hersteller den Boom der margenträchtigen SUVs mit Modelloffensiven gefördert.Für die Jahre 2019 bis 2021 ergibt sich laut DZ Bank eine erforderliche Minderungsrate von 7,6 % pro Jahr. Dabei sieht das Institut den japanischen Branchenriesen Toyota hinsichtlich des EU-Flottenausstoßes mit durchschnittlichen Emissionen von knapp über 100 Gramm CO2 je Kilometer im Jahr 2018 in der komfortabelsten Position. Rabatte erforderlich Die DZ Bank betont, das Ausschöpfen regulatorischer Spielräume wie Begünstigungen für besonders effiziente Fahrzeuge (Super-Credits) oder die Vereinbarung von Emissionsgemeinschaften auch unter nicht verbundenen Unternehmen (Pooling) könne nur eine Übergangslösung zur Reduzierung der Flottenwerte sein. Der größte Hebel, um ausstoßsenkende Effekte zu erzielen, liege in technologischen Lösungen – vor allem im höheren Absatz von rein batterieelektrischen, im Fahrbetrieb emissionsfreien Fahrzeugen. Der größte Unsicherheitsfaktor sei dabei aber die Akzeptanz der Elektrofahrzeuge bei den Kunden. Die DZ Bank erwartet, dass die Hersteller voraussichtlich mit Rabatten den Absatz emissionsfreier Fahrzeuge fördern müssen, um die CO2-Flottenziele zu erreichen. Dies könne die ohnehin überwiegend angespannte Profitabilität zusätzlich belasten.