Rheinmetall verzahnt Rüstung mit Autosparte

Terrorgefahr macht Polizei zum lukrativen neuen Kunden - Fusion mit Kraus Maffei und Nexter unwahrscheinlich

Rheinmetall verzahnt Rüstung mit Autosparte

Rheinmetall will sich zum Technologiekonzern wandeln. Dazu werden die beiden Sparten für Rüstung und das Autozuliefergeschäft enger verzahnt und sollen sich technologisch gegenseitig voranbringen. Bei der Konsolidierung der europäischen Rüstungsindustrie bleiben die Düsseldorfer zunächst außen vor.cru Düsseldorf – Der Rheinmetall-Konzern ist dabei, sich neu zu erfinden. Noch vor nicht allzu langer Zeit plante das Düsseldorfer Rüstungsunternehmen die Abspaltung und den Börsengang der traditionsreichen Autozuliefertochter Kolbenschmidt Pierburg (KSPG). Dieses Vorhaben ist nun endgültig vom Tisch. Stattdessen vollzieht Konzernchef Armin Papperger eine Kehrtwende: “Wir werden die Autosparte enger mit dem Rüstungsgeschäft verzahnen”, kündigt der 2013 als Rheinmetall-Lenker angetretene Manager an. In beiden Aktivitäten gebe es technologisch parallele Entwicklungen – hin zu Elektromobilität, Hybridtechnik und autonomem Fahren. Neben der Forschung und Entwicklung in diesen Feldern sollen die beiden Sparten deshalb künftig auch in IT, Einkauf, Logistik und auf ähnlichen Feldern eng kooperieren, um Kosten zu sparen.”Wir wollen bis 2018 die Synergien heben, die wir heben können.” Eine exakte Summe für die Einsparungen nannte Papperger nicht. Ziel sei es aber, dem operativen Ergebnis (Ebit) auf die Sprünge zu helfen. “5 % müssen es schon werden.” Ein Personalabbau sei nicht geplant. Nach außen hin wird die Neuausrichtung durch Umbenennungen dokumentiert. So will der Konzern künftig als Rheinmetall Group und nicht mehr Rheinmetall AG firmieren. Unter diesem Namen will sich Rheinmetall als “integrierter Technologiekonzern” präsentieren – vergleichbar zu Thyssenkrupp. Die Autosparte, die derzeit unter dem Namen KSPG (Kolbenschmidt Pierburg) auftritt, wird parallel in Rheinmetall Automotive umbenannt. Lautlose DrohnenabwehrNoch sind die Autosparte und die Rüstungssparte mit jeweils rund 3 Mrd. Euro Umsatz und zusammen 23 000 Beschäftigten ähnlich groß. Doch das Rüstungsgeschäft, in dem Rheinmetall mit dem Partner Krauss Maffei zusammen erst kürzlich einen Großauftrag von Litauen zum Bau von rund 90 Boxer-Transportpanzern erhielt, wächst deutlich schneller mit einer prozentual zweistelligen Rate. “Das wird angesichts der weltweit angespannten Sicherheitslage auch auf absehbare Zeit so bleiben”, sagte Papperger.Neben dem klassischen Rüstungsgeschäft registriert der Manager wegen der gewachsenen Gefahr von Terroranschlägen eine “riesige Nachfrage” nach Ausrüstung für die innere Sicherheit. “Wir sind inzwischen fast häufiger in den Innenministerien als im Verteidigungsministerium unterwegs.” Die Bundespolizei und die Landesbehörden rüsteten sich zunehmend mit schwererem Gerät aus, das bisher dem Militär vorbehalten war. Als Beispiele nannte er Schutzwesten für die NRW-Polizei, die auch dem Beschuss mit Schnellfeuerwaffen widerstehen, sowie kugelsichere Einsatzfahrzeuge, die ein norddeutsches Bundesland geordert hat, oder Drohnen-Abwehrtechnik.Als ein immer realistischer gewordenes Szenario gilt ein Drohnen-Anschlag auf ein Fußballstadion. Ein Krimiautor hat einen solchen Anschlag, der bei Sicherheitsexperten als extrem wahrscheinlich gilt, für Fortuna Düsseldorf durchgespielt. Tatsächlich könnten in einem solchen Fall lautlos schießende Laser-Kanonen von Rheinmetall für eine angemessene Luftabwehr sorgen, wenn die entsprechenden Gesetze angepasst würden. Der Konzern erwartet hier ein schnell wachsendes zusätzliches Geschäftsfeld.Rheinmetall zeigt sich zugleich offen für eine Teilnahme an der europaweit einsetzenden Konsolidierung der Rüstungsindustrie. Nachdem die Panzerhersteller Krauss Maffei und der französische Staatskonzern Nexter fusioniert sind, sieht Papperger derzeit allerdings keine unmittelbare Chance für Rheinmetall auf einen Zusammenschluss mit anderen deutschen Rüstungsunternehmen. Es wäre zwar prinzipiell sinnvoll, sich an der Allianz von Krauss Maffei mit Nexter zu beteiligen. Rheinmetall müsste laut Papperger dafür aber angesichts der Umsatzgröße in der Fahrzeugtechnik für Panzer eine Führungsrolle angeboten werden. Während Rheinmetall in diesem Bereich allein rund 1,5 Mrd. Euro Umsatz macht, sind es bei Krauss Maffei und Nexter zusammen nur 1 Mrd. Euro. Suche nach Partnern”Wir werden stattdessen unsere internationalen Kooperationen vorantreiben auf europäischer und internationaler Ebene”, sagte Papperger. Auch Zukäufe nimmt er in beiden Sparten ins Visier, allerdings seien die Preise häufig nicht akzeptabel. Es sei derzeit keine Übernahme auf der Zielgeraden. “Aber vielleicht kommt doch noch ein größerer Deal zustande”, sagte Papperger. Es gilt in der Branche als offenes Geheimnis, dass Thyssenkrupp nach einer Lösung für seine angeschlagene Marinesparte sucht.Rheinmetall peilt 2016 einen Konzernumsatz von 5,5 (Vorjahr: 5,2) Mrd. Euro an und eine operative Umsatzrendite (Ebit-Marge) von 6 % (5,5 %). 2015 verdiente Rheinmetall vor Zinsen und Steuern 287 Mill. Euro. Der Aktienkurs reagierte am Dienstag auf die angekündigte Neuausrichtung des Konzerns mit einem Plus von zeitweise 1 % auf 65,31 Euro. Der Börsenwert des Konzerns hat sich damit binnen zwei Monaten um 30 % auf 2,8 Mrd. Euro erhöht.