Rhön-Klinikum gelingt Befreiungsschlag

Aktionäre votieren für Abschaffung der Übernahmehürde - Nicht alle angemeldeten Titel stimmberechtigt - Aktie springt im Späthandel

Rhön-Klinikum gelingt Befreiungsschlag

Das Rhön-Klinikum hat seinen Handlungsspielraum für Transaktionen zurück. Nach achtstündiger Debatte hat die Hauptversammlung überraschend für die Streichung der bisherigen Sperrminorität in der Satzung gestimmt.swa Frankfurt – Der Vorstoß zur Abschaffung einer blockierenden Sperrminorität beim Rhön-Klinikum ist von Erfolg gekrönt worden. Bei einer Präsenz von 64,12 % votierten auf der Hauptversammlung 90,54 % für die Abschaffung der Satzungsregelung, wonach wichtige Beschlüsse auf der Hauptversammlung eine Mehrheit von mindestens 90 % verlangen. Weil die Bevollmächtigung nicht korrekt gewesen sei, soll ein Teil der Stimmen nicht stimmberechtigt gewesen sein – für 57,99 % des Grundkapitals sind gültige Stimmen abgegeben worden, geht aus der Übersicht von Rhön hervor. Der Konzern kann nun wieder mit den üblichen Quoren gesellschaftsrechtliche Beschlüsse fassen.Der schwedische Pensionsfonds Alecta, der seit 2004 an Rhön beteiligt ist, hatte beantragt, die Satzungshürde abzuschaffen. Um das Unternehmen gegen feindliche Übernahmen zu schützen, hatte Firmengründer und Aufsichtsratschef Eugen Münch im Jahr 2005 diese spezielle Sperrminorität initiiert. Die Hürde hatte im vergangenen Jahr die von Münch eingefädelte Übernahme von Rhön durch Fresenius vereitelt, nachdem Konkurrenten der Klinikkonzerne Aktienpakete aufgebaut hatten und Fresenius die Annahmeschwelle für ihre Offerte von 90 % verfehlte. Seitdem war Rhön mit einer Pattsituation im Aktionärskreis belastet. Nun dürfte im Markt ein neuer Anlauf von Fresenius erwartet werden. Im Späthandel schloss die Rhön-Aktie 13,8 % über dem Xetra-Schluss.Vor dem Aktionärstreffen war erwartet worden, dass die blockierenden Gruppierungen im Aktionärskreis genügend Stimmen gegen die Satzungsänderung aufbringen würden. Münch hatte in seiner Rede an seine Widersacher appelliert, für den Vorschlag zu stimmen und ihre “Verantwortung” gegenüber den Patienten wahrzunehmen.Rhön-Vorstandschef Martin Siebert hatte auf Nachfrage von Aktionären mitgeteilt, dass der Vorstand vor der Hauptversammlung Gespräche mit den wesentlichen Aktionären geführt habe, diese aber keine Aussage zu ihrem Abstimmungsverhalten gemacht hätten. “Wir sind genauso gespannt wie sie”, sagte Siebert zu den 550 anwesenden Aktionären. Auf eine entsprechende Frage eines Aktionärs unterstrich Siebert, dass Rhön sein Einkaufsverhalten nicht verändert habe, nachdem das Medizintechnikunternehmen B. Braun in den Kreis der Aktionäre eingetreten sei. Bestellt werde primär nach Produktqualitäten und Preisen. Braun sei einer der Hauptlieferanten von Rhön.Andreas Schmidt, Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), kündigte an, Münch bei aller Anerkennung seiner Leistungen die Entlastung verweigern zu wollen. Der Firmengründer solle im Aufsichtsrat bleiben, doch jemand müsse die Verantwortung “für die schlechte Umsetzung der Übernahme übernehmen”, forderte Schmidt.Im Rückblick auf den gescheiterten Zusammenschluss mit der Fresenius-Kliniktochter Helios bekräftigte Münch, er bedaure es, dass die Übernahme nicht gelungen sei. Der Aufsichtsratschef und Großaktionär unterstrich, dass er vom Dazwischenfunken des Klinikwettbewerbers Asklepios und B. Braun überrascht worden sei. “Ich wäre nicht darauf gekommen, dass ein langjähriger Lieferant Anteile kauft, um die Kundschaft zu sichern”, sagte Münch. Es wäre ihm auch nicht eingefallen, ergänzte er, dass ein Wettbewerber, mit dem Rhön bislang friedlich nebeneinander agiert habe, sich so verhalten könne. Es habe fast jährlich Gespräche mit dem Asklepios-Eigner Bernard gr. Broermann über das von Münch entwickelte medizinische Netzwerkkonzept gegeben. Auf die Frage, ob es eine Chance gebe, die Unternehmen zusammenzubringen, habe es von Broermann die Standardantwort gegeben: Hochinteressant, ich werde darüber nachdenken. “Ich sah die Zeit verrinnen und sah, dass sich das Fenster schließt”, so Münch.Asklepios sei für Rhön aber auch nicht der ideale Partner. Zwar passten die Unternehmen von der Flächenabdeckung gut zusammen, doch die Synergien wären begrenzt, erklärte Münch. Fresenius, die auch “ihre Schwächen hat”, sei deshalb vorzuziehen. Der Manager zeigte sich überzeugt davon, dass sich sein Konzept der Netzwerkmedizin auf jeden Fall durchsetzen wird. Er sei dankbar, dass der Konkurrent Helios nun den Anfang macht und das Modell gemeinsam mit Partnern umsetzen will. Das Rhön-Management hatte bereits mitgeteilt, dass mit der Fresenius-Tochter Helios hier über eine Kooperation gesprochen wird. Holzinger in AufsichtsratIm Zusammenhang mit der gescheiterten Übernahme im vergangenen Jahr äußerte der Aufsichtsratschef den Verdacht, es habe undichte Stellen in den Gremien gegeben. Die Berichterstattung in den Medien habe nach mancher Sitzung das “Gefühl erzeugt, die Redaktion saß unter dem Tisch”, so Münch. Vorstand und Aufsichtsrat hätten Untersuchungen eingeleitet und wollten nach Abschluss über das Ergebnis berichten.Münch teilte nach dem Rücktritt des Aufsichtsratsmitglieds Karl Lauterbach mit, dass er vorgeschlagen habe, seinen derzeitigen Medienberater Stephan Holzinger gerichtlich in das Gremium zu bestellen.