Luxusgüter

Richemont bahnt Lösung für den Online-Handel an

Ähnlich wie beim Nestlé-Einstieg vor vier Jahren hat der amerikanische Aktionärsaktivist Dan Loeb sein taktisches Geschick in der Vermarktung seiner eigenen Anlageentscheide auch im Fall Richemont unter Beweis gestellt. Am vergangenen Sonntag...

Richemont bahnt Lösung für den Online-Handel an

dz Zürich

Ähnlich wie beim Nestlé-Einstieg vor vier Jahren hat der amerikanische Aktionärsaktivist Dan Loeb sein taktisches Geschick in der Vermarktung seiner eigenen Anlageentscheide auch im Fall Richemont unter Beweis gestellt. Am vergangenen Sonntag vermeldete das Pariser Online-Portal „Miss Tweed“ natürlich ohne Angabe von Quellen den Einstieg des Hedgefonds Third Point beim Schweizer Luxusgüterkonzern. Um die Welt gingen nicht nur die News zu dem offiziell immer noch unbestätigten Beteiligungskauf, sondern auch die von dem Portal ebenfalls mitkolportierte Kritik des Investors an der defizitären Online-Vertriebsstrategie von Richemont.

Fünf Tage später, am Freitag, legte der Konzern zeitgleich mit den Geschäftszahlen zur ersten Hälfte des bis Ende März laufenden Geschäftsjahres den Plan zur Lösung des Vertriebsproblems auf den Tisch. Was nun aussieht wie der Erfolg eines mächtigen Hedgefonds-Managers, ist aber das Resultat eines viel längeren Prozesses, in dem dieser keine Rolle spielte. In Übereinstimmung mit früheren Spekulationen beabsichtigt Richemont ihre für den Online-Handel zuständige Tochterfirma Yoox Net-a-Porter in eine Kooperation mit dem britischen E-Commerce-Unternehmen Farfetch einzubringen und einen globalen elektronischen Distributionskanal für Luxusgüter zu schaffen, in dem es keine beherrschenden Aktionäre mehr geben soll. Die Plattform soll allen Anbietern im Luxusgütermarkt offenstehen. Die Diskussionen über das Projekt befänden sich in einem fortgeschrittenen Stadium.

Die Vorteile der Kooperation sind offenkundig. Richemont könnte endlich eine langjährige Verlustquelle schließen, die dem Unternehmen auch im Berichtssemester wieder ein operatives Minus von 141 Mill. Euro beschert hat. Farfetch hätte die Chance, die eigene Technologie im globalen Luxusgütermarkt auszurollen. Nicht überraschend legten deshalb sowohl die in der Schweiz gehandelten Richemont-Titel als auch die an der New Yorker Börse notierten Farfetch-Papiere um gut 10% bzw. sogar um fast 17% zu.

Mit dem jüngsten Kurssprung steigt der Börsenwert von Richemont auf 79 Mrd. sfr. Damit liegen die Schweizer umgerechnet nur noch 10 Mrd. sfr hinter dem zweitgrößten Luxusgüterkonzern Kering aus Frankreich zurück. Richemont hat im Berichtshalbjahr den Umsatz um 20% über das Vor-Corona-Niveau von Ende September 2019 gehievt. Die edlen Schmuckwaren wie auch die Nobeluhren scheinen derzeit einen besseren Lauf zu haben als Gucci-Franchise von Kering. Branchenkenner haben die beiden Konzerne in der Vergangenheit immer wieder als ideale Fusionspartner dargestellt. Beide Firmen stehen aber mehrheitlich im Familienbesitz.

Richemont
Konzernzahlen nach IFRS
1. Halbjahr*
in Mill. Euro20212020
Umsatz89075478
Betriebsergebnis1949452
Reingewinn1249159
Operativer Cash-flow1781296
Nettobarmittel31532111
Börsenwert in Mrd. sfr3570
*) zum 30.9.Börsen-Zeitung