PUSH-OUT SCORE

Rio Tinto statuiert ein Exempel an ihrem Boss

Push-out Score von 10 zeigt extremen Stress an - Board sendet klare Botschaft: Was passierte, war falsch

Rio Tinto statuiert ein Exempel an ihrem Boss

ds Frankfurt – Wie stark war der Druck auf Rio-Tinto-CEO Jean-Sébastien (J-S) Jacques, seinen Posten nach der Zerstörung einer heiligen Stätte in Australien aufzugeben? Da muss man nicht lange rätseln. Schon ein oberflächlicher Blick auf die Abtrittsmitteilung vom 10. September macht deutlich, dass der Führungswechsel bei dem zweitgrößten börsennotierten Bergbauunternehmen der Welt erzwungen wurde.Das Analysemodell Push-out Score des Forschungsdienstleisters Exechange (siehe Fußnote oben), das den Druck auf scheidende CEOs auf einer Skala von 0 bis 10 misst, zeigt einen Wert von 10 für Jacques` Abgang, denn es ist unzweifelhaft, dass der Druck auf ihn größtmöglich war. Bemerkenswert ist, dass das australische Bergbauunternehmen den CEO-Abtritt auch mit der brutalstmöglichen Offenheit kommuniziert. In der Mitteilung spricht Chairman Simon Thompson direkt und unverblümt die Zerstörung der Juukan-Felshöhlen an und erklärt: “Was in Juukan geschah, war falsch, und wir sind entschlossen, dafür zu sorgen, dass die Zerstörung eines Kulturerbes von so außerordentlicher archäologischer und kultureller Bedeutung bei Rio Tinto nie wieder vorkommen wird.” Bauernopfer reicht nichtThompson macht deutlich, dass das Unternehmen angesichts der monumentalen Versäumnisse in der Unternehmensführung nicht dem üblichen Ritual folgt, einen in Ungnade gefallenen Anführer elegant zur Tür hinauszukomplimentieren. Dies ist besonders bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass die Ankündigung nur Wochen nach Thompsons Aussage erfolgte, Jacques habe die Unterstützung des Boards, um die Folgen der Zerstörung der antiken Stätten durch das Unternehmen zu bewältigen. Aber die Aktionäre wollten, dass Köpfe rollen, und ein Bauernopfer reichte offensichtlich nicht aus. Der Board von Rio Tinto statuiert daher ein Exempel: Spitzenmanager, die für solche Fehlschläge zur Verantwortung gezogen werden können, müssen fallen. Bei seinem Sturz zieht Jacques zwei weitere Topmanager mit in den Abgrund: Eisenerzchef Chris Salisbury und Corporate-Relations-Chefin Simone Niven. Rein formal gesehen ist Jacques` Abgang dann gar nicht so brutal: Er tritt “in gegenseitigem Einvernehmen” zurück und soll spätestens zum 31. März 2021 gehen, falls nicht vorher ein Nachfolger gefunden ist.Außerdem erhält der in Ungnade gefallene CEO in der Meldung von Rio Tinto mit Sitz in London reichlich Lob und Dank. Chairman Thompson lobt Jacques` Leistungen ausgiebig, dankt ihm für seine “starke Führung” und hebt hervor, Jacques habe “eine klare Strategie zur Bekämpfung des Klimawandels entwickelt” sowie “außergewöhnliche Aktionärsrenditen” erzielt, und außerdem sei seine Führung während der Covid-19-Pandemie “beispielhaft” gewesen.Jeder CEO-Abgang enthält eine Botschaft, und diese hier ist unmissverständlich: Selbst die vielen großen Erfolge des Rio-Tinto-Chefs reichen nicht aus, um den einen großen Fehler aufzuwiegen.