Risiken aus Pensionszusagen in M&A-Deals
Von Jan Schröder und Anne Fischer *)Der Verpflichtungswert aus Pensionszusagen ist bei den Dax-30-Unternehmen im Jahr 2016 auf einen Höchststand von fast 400 Mrd. Euro gestiegen. Auch bei den übrigen Unternehmen im deutschen Markt, die Pensionsleistungen aufgrund von Direktzusagen oder über Unterstützungskassen erbringen, ist generell ein deutlicher Anstieg der Höhe der Pensionsverpflichtungen zu beobachten. Wesentlicher Treiber des Anstiegs ist die anhaltende Niedrigzinsphase. Denn diese führt dazu, dass die Pensionsverpflichtungen mit einem niedrigeren Rechnungszins zu diskontieren sind, was zum Ausweis eines entsprechend höheren Verpflichtungswerts in den Bilanzen der Unternehmen führt. Hohe BeträgeGerade bei Unternehmen, die über lange Zeit vielen Mitarbeitern Pensionszusagen erteilt haben, stellen die Pensionsverpflichtungen oftmals einen der wesentlichen Verpflichtungsposten in ihrer Bilanz dar. Pensionsverpflichtungen sind zudem hinsichtlich der entsprechenden Auszahlungspflichten bei der Liquiditätsplanung der jeweiligen Unternehmen zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass der Umgang mit Pensionsverpflichtungen mittlerweile große Aufmerksamkeit bei M&A-Transaktionen erfährt. Dies gilt sowohl bei sogenannten Share Deals, also der Veräußerung der Anteile an einer Gesellschaft, als auch bei Asset Deals, bei denen der Geschäftsbetrieb eines Unternehmens oder ein abgegrenzter Teil davon Gegenstand der Transaktion ist.Sofern Pensionsverpflichtungen bestehen, ist zu Beginn der Transaktion zu klären, ob der Erwerber überhaupt bereit ist, die Pensionsverpflichtungen zu übernehmen und die damit verbundenen Risiken zu tragen, und wie die Parteien die Pensionsverpflichtungen wirtschaftlich bewerten. Zu den mit Pensionsverpflichtungen im Rahmen einer Transaktion verbundenen Risiken zählt dabei unter anderem die Unsicherheit, den Verpflichtungsumfang der entsprechenden Pensionszusagen richtig zu bestimmen. Da die Pensionssysteme der Unternehmen keinem allgemeinen Standard unterliegen und, insbesondere wenn sie sich über Jahrzehnte entwickelt haben, häufig sehr komplex sind, bedarf es hier einer genauen Analyse, um mögliche Risiken in Versorgungswerken oder Einzelzusagen angemessen zu berücksichtigen.Auch die Verpflichtung zur fortlaufenden Administration von Pensionen verbunden mit dem Umstand, dass eine Abfindung von Pensionen nur in sehr engen Grenzen möglich ist, stellt ein Risiko dar, das nicht jeder Erwerber eingehen möchte. Bei der wirtschaftlichen Bewertung der Pensionsverpflichtungen sind schließlich im Rahmen von M&A-Transaktionen signifikante Unterschiede zu beobachten. Vielfach wird der nach Internationalen Rechnungslegungsstandards ermittelte Verpflichtungswert, die sogenannte Defined Benefit Obligation, als wirtschaftlich angemessen angesehen. Allerdings legen die Parteien in manchen Transaktionen auch den nach deutschem Handelsrecht ermittelten Wert der Pensionsverbindlichkeiten als angemessen zugrunde oder gelegentlich auch den Betrag, der an eine Versicherung zu zahlen wäre, damit diese die betreffenden Pensionsverpflichtungen übernähme.Strukturell ist beim Umgang mit Pensionsverpflichtungen im Rahmen von M&A-Transaktionen zunächst danach zu unterscheiden, ob ein gesamtes Unternehmen im Wege eines Share Deals oder nur ein Betrieb im Rahmen eines Asset Deals veräußert wird. Bei einem Share Deal bleibt die rechtliche und organisatorische Struktur des veräußerten Unternehmens unberührt. Es ändert sich lediglich die Eigentümer. Dieser Eigentümerwechsel hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Pensionszusagen. Sowohl die zu diesem Zeitpunkt noch aktiven Mitarbeiter als auch ehemalige Mitarbeiter, die eine Betriebsrente beziehen, behalten ihre Ansprüche aus den Pensionszusagen gegen das Unternehmen.Wenn ein Erwerber im Rahmen eines Share Deals allerdings die mit den Pensionsverpflichtungen verbundenen finanziellen und rechtlichen Risiken, zum Beispiel aus der immer weiter steigenden Lebenserwartung, aus Dynamiken oder aus einer Haftung für ordnungsgemäße Rentenanpassung, nicht tragen will, reicht ihm die bloße Berücksichtigung der Risiken im Kaufpreis nicht mehr aus. Vielfach sollen die Pensionsverpflichtungen dann beim Verkäufer zurückgelassen werden. Dies bezieht sich aber typischerweise nur auf Pensionsverpflichtungen gegenüber ehemaligen Mitarbeitern, da die Pensionsansprüche aktiver Mitarbeiter in der Regel nicht von den bestehenden Arbeitsverhältnissen getrennt werden können.Damit die Pensionsverpflichtungen gegenüber den ehemaligen Mitarbeitern beim Verkäufer verbleiben, müssen sie im Wege einer umwandlungsrechtlichen Spaltung auf ein anderes Unternehmen, das beim Verkäufer zurückbleibt, übertragen werden. Die Parteien haben sich in diesem Zusammenhang auch darauf zu einigen, in welcher Höhe Vermögen zur Finanzierung dieser Verpflichtungen übergehen soll. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass das Umwandlungsgesetz bei der Abspaltung von Pensionsverpflichtungen für einen Zeitraum von zehn Jahren eine gesamtschuldnerische Haftung des abgebenden und aufnehmenden Unternehmen vorsieht. Im Unternehmenskaufvertrag sind deshalb entsprechende Regelungen zu treffen, damit die gewünschte Risikoabschirmung bei dem Erwerber auch schon in diesem Zeitraum sichergestellt ist.Bei einem Asset-Deal, bei dem ein Geschäftsbetrieb erworben wird, gehen die aktiven Mitarbeiter regelmäßig im Wege eines Betriebsübergangs nach § 613 a BGB auf den Erwerber über. Der Erwerber tritt dann in sämtliche Rechte und Pflichten aus den Arbeitsverhältnissen, also auch in die Pensionszusagen, ein. Pensionsverpflichtungen gegenüber ehemaligen Mitarbeitern werden von einem Betriebsübergang hingegen nicht erfasst, sondern bleiben zurück. Auch bei einem solchen Betriebsübergang ist die Bewertung der Pensionsverpflichtungen, jedenfalls bezüglich der aktiven Mitarbeiter, von Bedeutung. Denn diese bestimmt, in welcher Höhe Vermögen zur Finanzierung der Pensionsverpflichtungen mitübertragen oder inwieweit ein Abzug beim Kaufpreis vorgenommen wird.Unabhängig von der Strukturierung als Share Deal oder Asset Deal ist zu Beginn einer M&A-Transaktion zu prüfen, ob es bestimmte Vermögensgegenstände gibt, die den Pensionsverpflichtungen bereits konkret zugeordnet sind und ihrer Finanzierung dienen. Dazu zählen beispielsweise sogenannte Rückdeckungsversicherungen, die häufiger bei Einzelzusagen anzutreffen sind, oder in den letzten Jahren verstärkt auch Planvermögen, welche durch sogenannte Contractual Trust Arrangements (CTA) geschaffen wurden. Im Rahmen eines CTA überträgt das betreffende Arbeitgeberunternehmen einem Treuhänder bestimmte Vermögensgegenstände, die dieser für das Unternehmen verwaltet und die nur zur Erfüllung der Pensionsansprüche der Mitarbeiter verwendet werden dürfen. Dieses Vermögen ist damit für die Erfüllung der Pensionsansprüche reserviert und sichert sie auch im Fall der Insolvenz des Unternehmens. Gleichwertige SicherungBestehende CTAs oder auch Rückdeckungsversicherungen, die vielfach zugunsten der pensionsberechtigten Mitarbeiter verpfändet sind, werden im Rahmen einer M&A-Transaktion üblicherweise in der Form berücksichtigt, dass das Sicherungsniveau für die Mitarbeiter und ihre Pensionsansprüche erhalten bleiben sollen. Entsprechend muss im Unternehmenskaufvertrag geregelt werden, dass die bestehende Sicherung fortgeführt wird oder zumindest eine gleichwertige Sicherung einzurichten ist.Die M&A-Transaktionen der letzten Jahre, in denen Pensionsverpflichtungen in relevanten Umfang betroffen waren, haben gezeigt, dass es sich lohnt, diesem Thema bei der Strukturierung der Transaktion frühzeitig die nötige Aufmerksamkeit zu schenken. Denn auf diese Weise kann der spezifischen Pensionssituation bei den beteiligten Unternehmen auch unter Wahrung der Interessen der Mitarbeiter möglichst optimal Rechnung getragen werden.—-*) Dr. Jan Schröder ist Partner und Anne Fischer ist Counsel bei Allen & Overy in Düsseldorf.