Roboter erweitern ihre Grenzen
Von Martin Fritz, TokioWie bringt man zwei Greifhände an beweglichen Roboterarmen dazu, ein Handtuch zu falten und Zutaten für einen Salat zu mischen? Gebannt verfolgten die Besucher der weltgrößten Robotermesse iRex in Tokio, wie die Maschine an beiden Aufgaben jeweils knapp scheiterte. Weder wurde das Handtuch ordentlich gefaltet noch der Salat appetitlich gemischt. Misslungene VorführungDabei hatte sich Denso Wave, die Robotersparte des Toyota-Zulieferers Denso, für das notwendige Echtzeit-Ethernet mit dem deutschen Spezialisten Beckhoff und für die Greiftechnologien mit japanischen Herstellern von Ersatzhänden verbündet und von Roland Berger beraten lassen.Die Maschine lernt sowohl durch künstliche Intelligenz als auch von Menschen, die ihre Arm- und Fingerbewegungen über eine Datenbrille eingeben. Die misslungenen Vorführungen zeigten sowohl die Fortschritte als auch die Grenzen der aktuellen Robotertechnologien auf.Doch diese Grenzen dürften schon bald erweitert werden. Diesen Eindruck gewann man jedenfalls beim Besuch der diesjährigen iRex. Ihr Motto “Die Roboter-Revolution hat begonnen” unterstreicht das enorme Selbstbewusstsein der Branche. Die Zahl der Aussteller wuchs denn auch gegenüber der letzten Messe vor zwei Jahren um mehr als ein Drittel auf 612 Unternehmen und Organisationen. Die Zahl der Messestände sprang um knapp die Hälfte auf fast 2 800.Nur 14 % der Aussteller kommen aus dem Ausland. Das überrascht nicht wirklich, da die Branche von Japan dominiert wird. Laut dem Internationalen Robotik-Verband (IFR) wurden 52 % aller Industrieroboter im Jahr 2016 von japanischen Herstellern gebaut. Drei Viertel dieser 153 000 Maschinen gingen in den Export und erzielten dabei den bisher höchsten jährlichen Verkaufswert von 309 Mrd. Yen (2,3 Mrd. Euro). Dagegen machten Importe nur 1 % der Installationen in Japan aus. Insgesamt arbeiteten 287 000 Roboter in Japans Industrie, knapp zwei Drittel davon in der Auto- und Elektronikbranche.Das hielt den Schweizer Robotikkonzern ABB jedoch nicht davon ab, seinen neuen einarmigen Yumi-Roboter erstmals auf der iRex zu zeigen. Mit dem zweiarmigen Yumi wurde ABB zum weltweiten Vorreiter für kollaborative Roboter (Cobots), die ohne Schutzvorrichtungen neben Menschen arbeiten können. “Wir haben Yumi ursprünglich für die Elektronikindustrie entwickelt, aber er hat sich in allen Industrien ausgebreitet”, erklärte Sami Atiya, Präsident der ABB-Robotik-Sparte. Der einarmige Yumi lässt sich wegen seiner kleineren Basis noch leichter in einen Arbeitsablauf integrieren. Der Verkaufsstart sei nur noch Monate entfernt, sagte Atiya der Börsen-Zeitung. Doch die Konkurrenz aus Nippon schläft nicht: Die japanischen Platzhirsche Fanuc, Kawasaki, Omron und andere zeigten in Tokio eigene Cobots.Zugleich trumpften die Japaner mit einer starken Angebotszunahme bei Service-Robotern auf. Auch das ist kein Zufall, da die japanische Regierung die Automatisierung massiv fördert, um den Arbeitskräftemangel zu lindern und die wachsende Zahl von alten Menschen zu betreuen. Auf diese Weise will Japan im Unterschied zu Europa weitgehend ohne Gastarbeiter auskommen. Derzeit testen 5 000 Alters- und Pflegeheime in Japan den Einsatz von Exoskeletten für das Personal und Betten, die sich selbständig in Rollstühle verwandeln. Maschine ahmt Mensch nachToyota zeigte auf der iRex den humanoiden Roboter T-HR3, der die Bewegungen des menschlichen Bedieners per elektronischer Übertragung nachahmen kann. Eine Virtual-Reality-Brille sorgt dafür, dass der Bediener die Umgebung so sieht wie der Roboter. Laut Marktforscher Global Insights wird der Markt für humanoide Roboter bis 2024 über 40 % auf 5 Mrd. Dollar wachsen. Einsatzgebiete seien etwa Einzelhandel, Tourismus und Bildung. Allerdings könnten die hohen Preise dieser Roboter das Wachstum bremsen. ——–Wäschefalten und Salatmischen machen Arbeiter aus Fleisch und Blut besser als Automaten.——-