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Roche muss gewöhnlicher werden

Der Pharmakonzern Roche legt seine Strategie mehr nach den Wünschen des Finanzmarktes aus. Der fehlende Erfolg lässt ihm keine andere Wahl.

Roche muss gewöhnlicher werden

Roche muss gewöhnlicher werden

Pharmakonzern legt seine Strategie mehr nach den Wünschen des Finanzmarktes aus

dz Zürich

In einer Welt, in der das passive Investieren die Norm darstellt, tolerieren die Kapital- und Aktienmärkte nur noch bei ganz wenigen Emittenten wesentliche Abweichungen vom Mainstream. Roche, seit 128 Jahren im Mehrheitsbesitz der Gründerfamilien, konnte sich das Anderssein während langer Zeit erlauben. Der Basler Pharmamulti war über Jahrzehnte hinweg der unbestrittene Marktführer bei Krebsmedikamenten und für jeden Pharmainvestor deshalb ein unverzichtbarer Wert.

Das hat sich geändert, seit die Patente der großen Onkologie-Franchisen Avastin, Herceptin und Rituxan vor einigen Jahren abgelaufen sind. Nach dem Zwischenhoch mit den weltweit überaus begehrten Coronatests aus den Roche-Labors ist bei dem Konzern eine Wachstumsschwäche manifest geworden, die nicht ohne Folgen blieb. Seit Frühjahr 2022 bewegen sich die Roche-Valoren deutlich unterhalb der Indizes für internationale Pharmatitel. Jetzt sieht sich das stolze Unternehmen gezwungen, strategisch mehr auf Linie des Branchen-Mainstreams zu gehen, um die Akzeptanz der Investoren zurückzugewinnen.

Strategische Anpassungen

Verantwortlich dafür ist Thomas Schinecker, der im März 2023 die CEO-Position vom aktuellen Präsidenten Severin Schwan übernommen hat. Am Montag präsentierte der 49-jährige Schinecker am Investorentag in London seine strategischen Anpassungen. Roche will sich in der Forschung künftig auf fünf Therapiegebiete beschränken: Onkologie, Neurologie, Immunologie, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Augenerkrankungen. Das seien die Leiden, die schon am stärksten auf der Lebensqualität der Bevölkerung lasteten, und deren Ausbreitung werde bis 2035 weiter steigen. Zwar ist Roche schon lange schwergewichtig in diesen Bereichen tätig (allein die Onkologie repräsentiert über 40% des Umsatzes), aber die strategische Fokussierung dürfte den Einsatz der Forschungsressourcen über Zeit weiter prägen.

Patientenbedürfnis und Wertschöpfungspotential

Das ist umso wahrscheinlicher, als Schinecker eine neue, interne Messlatte eingeführt hat, unter der Forschungsprojekte verschiedene inhaltliche, aber auch kommerzielle Kriterien erfüllen müssen, um weitergeführt zu werden. Zu den Kriterien gehören das Patientenbedürfnis, aber auch das Wertschöpfungspotenzial. Erfüllt ein Projekt diese Kriterien besonders gut, wird es zur Priorität erklärt und erhält mehr Unterstützung. Dazu gehören zum Beispiel die Bemühungen von Roche, ein Medikament gegen Fettleibigkeit zu entwickeln, das auch das mit den derzeitigen Medikamenten einhergehende Problem des Muskelabbaus adressiert.

Schinecker verspricht den Investoren mehr Fokus und Effizienz in der Forschung – in der Hoffnung, dass deren Akzeptanz für die im Branchenvergleich unübliche Strategie mit einer eigenen, großen Diagnostik-Sparte wächst oder mindestens nicht erodiert.

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