Rocket Internet fährt Ernte ein

Mehr als 500 Mill. Euro Gewinn im ersten Halbjahr - Keine Ambitionen auf Delisting

Rocket Internet fährt Ernte ein

hek Frankfurt – Anteilsverkäufe und Bewertungserträge haben dem Start-up-Finanzierer Rocket Internet im ersten Halbjahr einen Gewinnsprung beschert. Das Periodenergebnis legte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 85 % auf 548 Mill. Euro zu. Ende August verfügte das Berliner Unternehmen netto über 3 Mrd. Euro liquide Mittel, was geringfügig unter dem Bestand von 3,1 Mrd. Euro Mitte Mai liegt. Investoren nahmen den Zwischenbericht zunächst wohlwollend auf, doch im Handelsverlauf gab der MDax-Titel die Aufschläge wieder ab und rutschte ins Minus.Die Kernstrategie der operativen Entwicklung internetbasierter Geschäftsmodelle werde weiter verfolgt, versicherte Gründer und CEO Oliver Samwer. Seit Januar 2018 seien 15 neue internetbasierte Geschäftsmodelle inkubiert worden. Damit sind im Vergleich zur Berichterstattung über das erste Quartal fünf Start-ups hinzugekommen. Man habe derzeit keine Ambitionen, das Börsenparkett wieder zu verlassen, stellte Samwer auf einem Analystentreffen klar. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei es nicht die Strategie, das Unternehmen wieder zu privatisieren. In den vergangenen Monaten waren Spekulationen über ein mögliches Delisting aufgekommen. Hintergrund ist nicht zuletzt, dass die Börsenkapitalisierung von 3,6 Mrd. Euro nur relativ wenig über den Cash-Bbestand hinausgeht. Weitere Aktienrückkäufe hängen laut Samwer von den Marktbedingungen ab.Der Verkauf der Beteiligung am Kochboxversender Hellofresh führte im ersten Halbjahr zu Veräußerungsgewinnen von 262 Mill. Euro. Dieser Deal trug maßgeblich zum Anstieg des Ergebnisanteils der assoziierten und Gemeinschaftsunternehmen von 99 Mill. auf 261 Mill. Euro bei. Auch beim E-Commerce-Spezialisten für Inneneinrichtung Westwing ist Rocket ausgestiegen, was 12 Mill. Euro Gewinn brachte. Der Saldo aus Wertaufholungen und -minderungen, der in der Vergleichsperiode bei 28,7 Mill. Euro lag, bewegte sich mit 14,5 Mill. Euro im negativen Bereich.Der Online-Möbelhändler Home24 steuerte 34 Mill. Euro Verlust zu den Ergebnisanteilen bei. Davon entfallen den Angaben zufolge 16 Mill. Euro auf Wertminderungen und 12 Mill. Euro auf Veräußerungsverluste. Damit schlägt sich der Home24-Kursverfall deutlich in der Rocket-Ertragsrechnung nieder. Den Home24-Anteil hat die Beteiligungsgesellschaft im ersten Halbjahr von 32,6 % auf 18,5 % abgebaut. Ende August waren es dann noch 11 %. Der Online-Modehändler Global Fashion Group, an dem Rocket aktuell 18 % hält, trug 1,5 Mill. Euro Verlust bei, wobei anteiligen Verlusten von gut 16 Mill. Euro Wertaufholungen von 14,7 Mill. Euro gegenüberstehen. Auf die Flug- und Hotelbuchungsplattform Traveloka aus Indonesien entfallen 15,6 Mill. Euro Verlustanteil. Höheres FinanzergebnisDie zweite Hauptposition der Gewinn-und-Verlust-Rechnung, das Finanzergebnis, erreichte im ersten Halbjahr 301 Mill. Euro. Hier schlagen sich Bewertungsänderungen von Beteiligungen wie das Internetkaufhaus Jumia nieder. Im Vorjahreszeitraum bewegte sich das Finanzresultat bei 218 Mill. Euro.Die Erlöse stiegen im Zeitraum Januar bis Juni 2019 von 24 Mill. Euro im Vorjahr auf 32 Mill. Euro. Insgesamt wurden 75 Unternehmen voll konsolidiert, neun mehr als am Anfang dieses Jahres. Diese Gesellschaften beschäftigten Ende Juni 364 Mitarbeiter. Insgesamt ist Rocket in gut 200 privaten Unternehmen investiert. Davon entfallen jeweils etwa 30 % auf den Konsumsektor und auf B2B-Geschäfte. 14 % der Unternehmen sind Fintechs, bei 11 % handelt es sich um Technologiefirmen im Immobiliensektor, auf die Bereiche Food Tech und Travel Tech entfallen je 5 %. Den fairen Wert dieser Beteiligungen, in die 300 Mill. Euro investiert wurden, siedelt das Management bei 1,1 Mrd. Euro an.Zu den sogenannten ausgewählten Unternehmen, also den reiferen Beteiligungen, gehören nach den diversen Anteilsverkäufen nur noch Jumia (Anteil 17 % per Ende August), Global Fashion Group und Home24. Das Trio ist inzwischen an der Börse notiert und publiziert eigene Quartalsberichte. Nachschub in größerer Zahl ist vorerst nicht in Sicht, denn die meisten der privat gehaltenen Unternehmen stecken noch in einem frühen Entwicklungsstadium. Auf dem Analystentreffen habe Samwer die Erwartungen an schnelle weitere Börsengänge von Beteiligungen gedämpft, hieß es unter Aktienhändlern.