Rohrkrepierer
Gäbe es eine Rangliste der Übernahmeangebote mit der kürzesten Dauer, dann hätte die M&A-Welt ziemlich sicher einen neuen Spitzenreiter. Nicht einmal sechs Stunden lagen zwischen den Ad-hoc-Mitteilungen von Osram und AMS – und aus einem harten Bieterwettbewerb wurde ein Rohrkrepierer. Das Vorgehen des österreichischen Halbleiterkonzerns wirkt sehr unprofessionell. Dessen Management musste doch damit rechnen, dass Osram die Öffentlichkeit über das erwogene Angebot von 38,50 Euro je Aktie sofort informiert. Schließlich liegt es 3,50 Euro über der Offerte von Bain Capital und Carlyle. Hätte Osram die mit Preisschild ausgestattete Interessenkundenbekundung von AMS vorerst geheim gehalten, hätte sich das Münchner Unternehmen der Gefahr von Aktionärsklagen ausgesetzt. Offenbar erschreckte die von Osram verlangte und erfüllte Offenheit die Österreicher so sehr, dass sie ihr Projekt noch vor einer Due Diligence Knall auf Fall abbrachen.Abenteuerlich erscheint auch der Finanzierungsplan von AMS. Die Aufnahme von mehr als 4 Mrd. Euro Fremdkapital sollte zum Teil mit einer Kapitalerhöhung refinanziert werden, über die erst die Hauptversammlung hätte abstimmen müssen. Auch für die Darlehen hatte AMS noch keine Zusage. Der Vorstand von Osram konnte in der Ad-hoc-Meldung, üblicherweise eine sehr sachlich und nüchtern formulierte Information, seine Zweifel an den Plänen aus Österreich jedenfalls nicht verbergen.Ganz nüchtern betrachtet, hätte eine Übernahme von Osram für AMS durchaus eine Logik. Die Geschäfte beider Unternehmen überschneiden sich wenig, ergänzen sich vielmehr gut. Auto- und Smartphonehersteller sind für beide wichtige Kundengruppen. Außer Synergien im Vertrieb wären auch Verbundvorteile in der Wertschöpfung möglich: AMS fertigt komplette Module für Sensoren, Osram Optohalbleiter, also Komponenten für Sensoren. Das klassische Lichtgeschäft und digitale Anwendungen hätte AMS vermutlich weiterverkauft.